Mai 10, 2024

wenn das pferd nicht vom stall weggehen mag

spaziergänge oder ausritte werden stressig, wenn das pferd nicht vom stall oder vom hof weggehen mag
und stattdessen nervös herumzappelt oder ständig nach der herde wiehert.

als erklärung muss dann oft herhalten,
dass der mensch angeblich zu wenig führungsqualität habe,
sich nicht ausreichend durchsetzen kann und ihm das pferd nicht vertraut.

daran ist etwas wahres, aber nur wenig.
wahr ist, dass unsicherheit und anspannung vom menschen aufs pferd überspringen.

wenn man schon damit rechnet, dass es beim weggehen vom hof gleich wieder theater gibt,
bleiben die wenigstens ganz locker und entspannt.
so gesehen ist was wahres dran.

die wahren ursachen liegen aber in aller regel tiefer.
hier mal die drei häufigsten (und lösungsansätze dazu)

1. unsicherheit ohne herde

wie sehr ein pferd die gesellschaft seiner herde braucht,
hängt stark von der sozialisation, den erfahrungen und dem pferdetypus ab.

ein pferd, das von klein auf viel und positiven kontakt zum menschen hatte
und zu einerm eher menschenbezogenen und eigenständigen typus gehört,
hat eher keine probleme, sich mit dem menschen alleine sicher zu fühlen.

anders sieht es bei einem pferd aus, dass sehr stark auf herdenverband geprägt ist (wie isländer zum beispiel),
das die ersten lebensjahre roh in der herde und mit wenig menschenkontakt verbracht hat
und das womöglich gleich am anfang mit einzel-ausflügen überfordert wurde.

so ein pferd erlebt die welt draußen als viel schwieriger
und fühlt sich ohne andere pferde einfach nicht sicher genug.
klar will es dann von den anderen nicht weg.

was hilft: 
erst mal viel in den aufbau einer freundlichen beziehung und von vertrauen zum menschen investieren.
das kann man anfangs gut in sichtweite von herdengenossen machen, später dann auch alleine –
und zwar am gewohnten hofgelände, noch gar nicht draußen.

wenn dabei alles entspanng (!) abläuft, geht es ab ins gelände.
erst mal nur kurz und in begleitung von wenigstens einem weiteren pferd,
später dann längere strecken in gesellschaft und schließlich auch mal ein stück alleine.

2. überforderung draußen

die umgebung des stalls spielt eine wichtige rolle dabei,
wie gern und wie leicht sich das pferd vom hof wegführen lässt.

je turbulenter es da zu geht,
je mehr autos und traktoren und lärm es ausgesetzt ist
und je mehr schwierige oder erschreckende begegnungen drohen,
desto unangenehmer wird es draußen fürs pferd.

wer geht schon freiwillig von der schönen weide mitten ins laute getümmel,
wenn dort draußen alles keinen spaß macht?

besonders leicht fühlen sich jene pferde überfordert,
die in ihren ersten lebensjahren nicht viel kennengelernt haben,
die ein schönes und ruhige pferdeleben auf koppeln und weiden hatten,
aber von der restlichen welt wenig mitbekommen haben.

geht man mit denen in vom hof nur in die felder und wälder,
wird man keine großen probleme haben.
doch wehe, man muss erst durch die siedlung, an einer bahnstrecke entlang
oder durch unbekanntes terrain.

da steigt der stresspegel beim pferd ganz schnell –
und der lerneffekt kommt dazu: draußen ist es ungut, da will ich nicht hin.

was hilft: 
da der stressfaktor eine so große rolle spielt,
ist es wichtig, auf einen generell niedrigen stresspegel zu achten,
bevor man sich ins schwierigere gelände raus wagt.

das sollte man mit dem pferd dann erst mal happenweise üben.
es geht darum, ihm die welt draußen schrittweise zu zeigen
und es damit vertraut zu machen, was es da zu erwarten hat.

und zwar so, dass das pferd eine positive erfahrung mitnimmt,
ohne überfordert zu sein.
geht man da anfangs behutsam vor und garantiert schutz vor überforderung,
wird man schnell immer größere kreise ziehen können, und das in aller ruhe.

3. negative erlebnisse im gelände

schließlich gibt es noch jene pferde, die „plötzlich“ nicht mehr vom hof weg wollen.
zu denen zählen jene, die grad erst in den neuen stall übersiedelt sind
und noch mit der umstellung und all dem neuen zu kämpfen haben.
da kann es in den ersten wochen – wenn nicht sogar monaten – dauern,
bis sich das pferd wieder sicher genug fühlt.

es kann allerdings auch vorkommen,
dass das pferd das gelände mit negativen erlebnissen verknüpft hat
und deswegen nicht mehr raus will.

das kann sich auf eine bestimmte strecke beschränken,
wo es einen unguten zwischenfall gibt und wo es nun nicht mehr hin will.

das kann aber auch generell alles draußen sein,
weil es ausritte als unangenehm erlebt –
wegen der reitweise, wegen schmerzen, wegen der bodenbeschaffenheit,
wegen der kontrolle, die der mensch draußen verstärkt (und oft über den zügel) ausübt.

das pferd stellt eine assoziiert dann das rausgehen mit den unangenehmen dingen,
die ihm draußen widerfahren – und will daher nicht raus.

was hilft: 
geht es um eine bestimmte stelle oder strecke, dann hilft die vorsichtige annäherung.
immer nur ein kleines stück in die richtung, ruhe reinbringen (kopf senken abfragen, selber entspannen, futterbelohnung…),
dann wieder umkehren und retour.
und so weiter.

liegt es daran, dass das pferd gar nichts draußen mag,
sollte man erst testen, ob das gleich gilt für spazierengehen am führstrick wie für reiten.
manche gehen am strick problemlos mit und machen nur unterm sattel theater –
da wären dann die passform des sattels und die reitweise draußen zu überprüfen.

andersrum ist es seltener: das pferd geht draußen nur unterm sattel, nicht aber am führstrick gut.
dann heißt es zurück an den start und mal eine korrekte führtechnik und kommunikation vom boden aus aufbauen
(wer mag, kann sich dazu die kostenlose „führ-challenge“ holen).

eines gilt für alle drei ursachen:
mit zwang und druck macht man es nur schlimmer.
mit verständnis und schrittweise erarbeiten klappt es am besten.

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