auch pferde kommen in die pubertät und machen es ihrem menschen dann nicht immer leicht.
doch nicht alles, was auf die pubertät geschoben wird, rührt auch wirklich daher!
wenn wir von pubertät reden, müssen wir zwei verschiedene phasen unterscheiden.
das ist einmal das einsetzen der geschlechtsreife, die als „körperliche pubertät“ bezeichnet wird
und mit etwa eineinhalb bis zwei jahren stattfindet.
bemerkbar macht sich das meist nur bei jenen, die mit einem junghengst arbeiten,
der mit dem einschießen der hormone schon etwas ungebärdiger und aufgekratzter sein kann.
intensiver beschäftigt uns die zweite phase der pubertät, die soziale/psychische pubertät,
wo das pferd dann allmählich richtg erwachsen wird.
dieser zeitraum erstreckt sich meist über mehrere jahre (im schnitt von 4 bis 7 oder 8 jahren).
hier treten dann gerne probleme auf:
das pferd wird widersetzlich.
es bockt und verweigert beim training.
es „spielt nicht mit“ und macht unfug.
und und und…
dahinter stecken drei verschiedene ursachen
und die pubertät ist daran nur zum teil schuld
1. regeln hinterfragen
es gehört zum erwachsenwerden dazu, dass man anfängt, regeln zu hinterfragen.
so auch beim pferd.
je sicherer es wird, je stärker es sich auch in der herde fühlt,
desto eher stellt es auch in frage, ob das nun wirklich gilt, was der mensch sagt.
vor allem dann, wenn dieser mensch die regeln nicht über positive motivation aufgebaut hat
(also so, dass das pferd gern und sogar freiwillig mitspielt),
sondern – wie in der pferdausbildung noch gang und gäbe – über druck.
druck allerdings ist etwas, was das heranwachsende pferd gar nicht verträgt.
solange es kind war, hatte es nicht die innere stärke sich dagegen aufzulehnen,
jetzt allerdings wird es reifer und traut sich das schon eher.
was viele dabei übersehen:
es ist nur zu einem teil die pubertät, die die etablierten regeln ins wanken bringt.
zu einem (oft viel größeren teil!) ist es die schlampigkeit des menschen.
wenn der nämlich regeln nur halbherzig einhält,
öfter mal fünfe grade sein lässt oder sich selber nicht an die regeln hält,
hat das natürlich einen lerneffekt:
das pferd lernt, dass die regeln ohnehin nicht immer gelten.
es hält sich daher auch nicht immer ein. warum auch?
das hat es ja vom menschen so gelernt.
die inkonsequenz des menschen oder fehlende klarheit, welche regeln es denn nun gibt,
führen in viel größerem ausmaß zu vermeintlich „pubertärem“ verhalten beim pferd
als man denken sollte.
was das heißt?
es braucht große klarheit und konsequenz, aber sanft – ohne druck – und
viel geduld und genauigkeit im umgang mit dem pferd wie im training.
2. körperliche imbalance
der körper des jungen pferdes wächst und entwickelt sich in diesen jahren der pubertät immer noch weiter.
wachstum ist etwas, was einerseits schmerzen verursachen kann (wie wir vom menschen wissen),
was vor allem aber den körper selber durcheinander bringt.
die wahrnehmung des eigenen körpers (propriozeption) ist dauernd gefordert,
denn mal wächst der eine teil, mal der andere,
mal ist das pferd hinten höher, mal schiebt es vorne an.
das ist anstrengend!
und es bringt das pferd aus dem gleichgewicht.
körperlich wie emotional, da die beiden dinge untrennbar zusammenhängen.
wie soll da das pferd mit kühlem kopf und gelassen reagieren,
wenn es nicht mal im gleichgewicht ist?
dann kommt auch noch der mensch und bringt es noch mehr aus dem gleichgewicht.
leider werden immer noch viele pferde viel zu früh angeritten,
viel zu schnell in alle grundgangarten und dann gleich unter den sattel genommen
und sollen ihre lektionen dann schön runterspulen.
das kann nicht funktionieren.
wenn das junge pferd nicht erst mal vom boden aus gründlich darin geschult wurde,
sich körperlich auszubalancieren, sich geschickt auf allen vier beinen zu bewegen
und den rücken schön aufzuwölben,
wie soll das dann beim reiten gehen?
klar widersetzt sich das pferd dann gelegentlich.
erst recht, wenn das training mit druck einhergeht,
wenn das pferd nicht gleich macht, wie man möchte
(weil es womöglich gar nicht nicht kann).
körperliches unbehagen, muskelkater oder gar schmerzen machen natürlich nicht kooperativ.
und die menschliche reaktion „der testet die rangordnung, da musst du dich durchsetzen“ macht alles nur schlimmer.
was gefragt ist:
behutsame grundausbildung des pferdes vom boden aus.
einfühlsames training und rücksichtnahme auf die körperliche entwicklung des pferdes.
3. überforderung
als typisch pubertäres verhalten beim pferd wird oft genannt,
dass es an allem rumknabbert, in alles reinbeißt und mit dem maul an allem rumspielt.
das aber sind ganz eindeutig stressreaktionen.
im stress und bei überforderung wird das pferd „maulig“.
es nimmt sich das kauen und knabbern als ventil dafür,
wenn es nicht mehr recht weiß, wohin mit sich,
wenn es müde und überfordert ist.
das kommt in dieser lebensphase deswegen so häufig vor,
weil die pferde tatsächlich mit vielem überfordert werden.
die erwartung ist, dass sie im training und im alltagshandling
einfach und unkompliiziert wie ein ruhiges 15jähriges pferd sind.
schließlich sind sie ja keine jährlinge mehr und körperlich schon stattlich und groß.
die mentale belastbarkeit ist aber noch lange nicht so weit.
vor allem, weil ja auch die routine und die erfahrungen fehlen,
und weil das pferd so viele dinge neu lernen und verarbeiten muss.
neues zu integrieren, kostet immer energie und kann ein gewisses maß an stress auslösen.
wenn’s der mensch da übertreibt,
oder wenn andere faktoren wie stallwechsel, turnierbesuche oder ähliches dazukommen,
sammelt sich schnell ganz schön viel anspannung und stress im pferd an.
kein wunder, dass das pferd dann unkonzentriert ist,
nicht mitarbeitet wie gewünscht und alles anknabbert.
daran ist nicht die pubertät schuld (die macht das pferd nur extra anfällig dafür), ‚
sondern die überforderung und der stress.
dagegen wirkt:
für ruhe und ausgeglichenheit sorgen.
das training in kurze einheiten unterteilen, wenn was schwierigeres ansteht.
auf positive motivation und spaß bei der arbeit achten.
was das junge pferd so schwierig und mühsam machen kann,
ist also bei weitem nicht die pubertät alleine.
viel mehr davon ist menschengemacht – und das gute daran:
da kann der mensch auch problemlos gegensteuern!