BLOG


by brigid

Oktober 1, 2023

hund hört nicht

der hund „hört nicht“ ist eine redensart, die eigentlich für zwei verschiedene dinge verwendet wird.
erstens für einen hund, der unaufmerksam ist und nicht auf seinen menschen (und dessen signale) achtet.
zweitens für einen hund, der einfach nicht macht, was der mensch sagt.
jedenfalls nicht gleich.

um letzteren soll es heute gehen.
(mit ersterem haben wir uns zum beispiel hier schon beschäftigt).

es sind die hunde, die dastehen, dich anschauen und sagen:
„sitz“? noch nie gehört.
„platz“? keinen bock drauf.
„bleib“? zu langweilig.

sie hören dich sehr wohl.
sie verstehen genau, was du möchtest.
doch sie machen’s nicht.

es sind die hunde, wo’s dann gerne heißt „der braucht’s deutlicher gesagt“.
mit „deutlicher“ meint man dann: lauter, öfter, nachdrücklicher.

hund hört nicht

man gibt das signal also mehrmals, wird jedesmal bestimmter und forscher und eindringlicher
(und verärgerter oder frustrierter, weil’s der hund nicht macht),
bis herr oder frau hund sich endlich dazu bequemt, das geforderte signal auszuführen.

uff.

spaß macht das keinen.
und genau das ist das problem.
es macht auch dem hund keinen spaß.
ihm fehlt die motivation für die übung – jedenfalls die richtige

zum thema motivation gibt es in kürze mehr tipps beim neuen (kostenlosen) webinar „motivieren, aber richtig“.

zuerst aber wollen wir uns anschauen, wie es überhaupt dazu kommt.

„setz dich durch“

bei der hundeerziehung kommt es unweigerlich zu dem moment,
wo man ein signal gibt und der hund macht es nicht.
in aller regel deswegen,
– weil er gerade zu abgelenkt ist (bei junghunden ja oft ein thema)
– weil er noch gar nicht richtig verstanden hat, was er tun soll.

man hat das platz zum beispiel bislang im wohnzimmer geübt und versucht’s nun im freien – und es klappt nicht.
man fordert den hund zum „bei fuß“ gehen auf und er zieht trotzdem nach vorne weg an der leine.
da gibt es unzählige beispiele, die wohl jede/r aus eigener erfahrung kennt.

statt sich nun an der nase zu nehmen und zu erkennen,
dass der hund grad nicht kann oder noch nicht so weit ist
und man das signal besser gar nicht gegeben hätte,
setzt ein gesellschaftlich konditionierter reflex ein:
setz dich durch!

das darf man sich nicht bieten lassen, man muss sich durchsetzen beim hund, 
der tanzt einem sonst noch auf der nase rum, etc. etc. etc. 

die angst, in der hundeerziehung was falsch zu machen,
und die vielen überlieferten einstellungen, von denen wir nicht ganz frei sind, schlagen zu.

statt den eigenen fehler einzusehen,
hängen wir den fehler dem hund um
und versuchen, ihn dort zu korrigieren.

mit nachdruck.
weil’s ja offenbar nicht anders geht und der hund das „braucht“.

gelernter ungehorsam

und schon lernt der hund….
er lernt allerdings nicht, dass er sofort das machen soll, was der mensch ansagt
und dass er trotz ablenkung schön aufmerksam sein soll.
er lernt etwas ganz anderes.

nämlich erstens:
das signal gilt nicht sofort.

der mensch wiederholt das signal ja mehrfach,
mit lauter werdender stimme und „deutlicher“,
bis der hund es irgendwann doch macht – und dann oft vor lauter erleichterung
(oder schlicht, weil man schon ein leckerchen in der hand hat) prompt noch seine belohnung bekommt.

man bringt dem hund damit unabsichtlich bei:
führ das signal erst beim siebten mal sagen aus
oder dann, wenn der mensch eine bestimmte lautstärke erreicht hat
oder dann, wenn du grad bock drauf hast.

das war nicht ganz der plan.

noch etwas anderes bringen wir dem hund damit als zweiters bei:
mein (sonst so liebevoller) mensch wird sehr unangenehm, wenn er was von mir will.

denn unsere „deutlichkeit“ und der druck, den wir in die wiederholten signale
sowohl stimmlich als auch körpersprachlich legen, kommt beim hund klarerweise ungut an.
spielerisches lernen oder freundliche einladungen sehen anders aus.

das aber hat konsequenzen.

achtung falle!

wir lösen damit meideverhalten beim hund aus.
das geht gar nicht anders.
wenn der hund etwas unangenehm erlebt, weicht er lieber aus oder versucht,
sich dem zu entziehen oder es zu vermeiden.

nur blöd, wenn das der eigene mensch beim üben ist.

das heißt nämlich, dass der hund immer weniger gern auf die aufforderungen des menschen reagiert.
dass er zumindest innerlich, manchmal sogar äußerlich auf abstand geht,
statt mit feuereifer und großer aufmerksamkeit bei der sache zu sein.

es klappt also immer weniger gut.
der mensch wird immer noch „deutlicher“
und der hund immer weiter darin bestätigt, dass meideverhalten das klügste ist.

wir tappen also in die von uns selber aufgestellte falle,
wenn wir versuchen, uns beim hund „durchzusetzen“
und unsere signale mit entsprechend nachdruck zur umsetzung zu bringen.

soll das heißen, man soll den hund einfach machen lassen?
er muss gar nicht auf unsere signale hören?
natürlich nicht!

wir müssen dem hund aber die spielregeln so beibringen, dass er motiviert bei der sache ist.
dass er gerne – und daher sofort und zuverlässig – ausführt, was wir grade verlangen
(und wir verlangen daher auch nichts unmögliches).

doch dazu dann mehr im webinar „motivieren, aber richtig“. 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.