manche der sogenannten „unarten“ macht das pferd aus einem ganz einfachen grund:
weil es dafür belohnt wird.
nämlich mit aufmerksamkeit vom menschen.
es zieht das bein weg beim hufeauskratzen und erntet dafür vom sonst schweigsamen menschen ein „nein, lass das!“
es spielt mi der putzbürste oder einer decke in reichweite, bis der mensch kommt und das ding wegpackt.
es zappelt am futterplatz rum und der mensch beeilt sich mit der kraftfutterration.
es knabbert am ärmel oder der jacke und der mensch krault das pferd oder schiebt den kopf weg und ermahnt das pferd.
wo liegt da die belohnung, fragt man sich.
aufmerksamkeit als belohnung
nun. die belohnung ist die aufmerksamkeit vom menschen.
egal, in welcher form die kommt!
nicht nur gutes zureden oder streicheln oder leckerchen funktionieren als belohnung.
absolut jede aufmerksamkeit kann sich ein pferd als belohnung nehmen.
selbst die negative, wenn man das pferd ermahnt oder korrigiert.
alles ist besser, als gelangweilt irgendwo rumstehen
oder im kopf den ganzen tag völlig unterbeschäftigt bleiben.
schwierig an der sache sind zwei dinge:
erstens: es muss einem überhaupt mal auffallen, denn vieles macht man im reflex und hat schon das pferd belohnt.
zweitens: man braucht eine idee, wie man reagieren kann, ohne das pferd damit auch noch zu belohnen.
genau dazu gibt es diesmal drei tipps:
1. ignorieren
das klassische mittel gegen aufmerksamkeitsheischendes verhalten besteht darin, das pferd zu ignorieren.
es möchte ja mit seiner aktion erreichen, dass der mensch sich mit ihm beschäftigt.
tut der mensch nun das gegenteil und ignoriert vollkommen (!), was das pferd gerade tut,
geht er als reaktion vielleicht sogar ganz weg,
dann bekommt das pferd nicht, was es wollte .
es hat keinen erfolg mit seinem verhalten und überdenkt die sache nochmal.
allerdings – wichtig!
bevor das pferd eine bewährte verhaltensweise einfach so bleiben lässt,
probiert es das ganze noch heftiger aus.
lerntheoretisch spricht man dabei vom löschungstrotz.
wenn das pferd in die putzbürste neben sich beißt,
und der mensch geht daraufhin erst weg, macht es sich erst nochmal so richtig an dem ding zu schaffen.
erst wenn auch das keine aufmerksamkeit vom menschen bringt, lässt es das ganze wieder bleiben.
vorausgesetzt, der mensch greift nicht doch wieder ein
und der mensch bleibt konsequent.
genau das macht das ignorieren in manchen fällen so schwer.
wenn das pferd normalerweise an der jacke knabbert,
dann aber heftiger werden würde, weil man’s ignoriert, und womöglich zwickt,
kann man das nicht riskieren.
nicht alle aufmerksamkeitsheischenden verhaltensweisen lassen sich daher einfach ignorieren.
da heißt es dann:
2. vermeiden
vermeiden, was man nicht ignorieren kann.
soll heißen: ich muss die situation so gestalten, dass das pferd mit nichts (unerwünschtem) anfangen kann,
das man als mensch nicht wirklich ignorieren könnte.
es soll ja weder was teures kaputt gehen, noch jemand verletzt werden, noch sich das pferd selber weh tun.
also darf es erst gar nicht so weit kommen, dass das pferd mit seiner unart anfangen könnte.
manchmal geht das ganz einfach:
es liegt eben keine putzbürste oder decke in reichweite des pferdes, mit der es rumspielen könnte.
oder man lässt das pferd nicht solange am anbindeplatz stehen, dass es anfängt, rumzuzappeln.
bei anderen dingen geht das nur schwer oder gar nicht.
wenn das pferd beim hufemachen rumzickt (nämlich nur als „spiel“, nicht weil es ein echtes proble gäbe),
kann man das weder ignorieren – das pferd reißt einem ja den huf aus der hand und hat damit automatisch erfolg –
noch kann man das vermeiden. die hufe müssen schließlich gemacht werden.
für all diese dinge brauchen wir daher eine dritte strategie:
3. erwünschtes belohnen
wir geben dem pferd die gewünschte aufmerksamkeit dafür, dass es keinen quatsch macht.
konkret heißt das: wir überlegen uns für jeden moment,
wo das pferd bislang unerwünschtes verhalten an den tag legt,
was es denn in genau dem moment stattdessen machen sollte.
und das wird dann gezielt belohnt:
mit ansprache, mit zuwendung, evtl. sogar mit dem einen oder anderen leckerchen.
dazu muss man rechtzeitig dran sein, nämlich bevor das pferd noch mit seiner unart anfängt.
der huf wird aufgenommen, das ruhige stehen belohnt, und dann setzt man den huf wieder ab, bevor das pferd zappelig wird.
notfalls das ganze 10mal hintereinander, bis der huf gemacht ist und das pferd gelernt hat:
ruhiges stehenbleiben auf drei beinen wird belohnt.
man kann’s auch aktiv angehen:
die putzbürste in reichweite legen und das pferd dafür belohnen, dass es sie in ruhe lässt.
erst kommt die belohnung schon nach ein paar sekunden, dann immer später,
bis irgendwann die putzbürste 10 minuten da liegen kann und das pferd sich nicht mehr dafür interessiert.
mit ein bisschen nachdenken und einem kleinen plan lassen sich auf diese weise aufmerksamkeitsheischende verhaltensweisen gut in den griff bekommen, ganz ohne druck oder strafe und vor allem nachhaltig.