gurtenzwang beim pferd ist gar nicht so selten – und wirklich nicht angenehm, weder für den menschen, der sich vor jedem reiten erst mal mit massiver abwehr konfrontiert sieht, noch klarerweise für das pferd.
meist werden drei verschiedene dinge unter dem begriff gurtenzwang zusammengefasst:
1. der echte gurtenzwang
darunter verstehe jenes verhalten, bei dem dem pferd tatsächlich nur das gurten selber unangenehm ist.
also alles gute, solange der sattel nur aufgelegt wird und wenn er erst mal oben ist,
aber ausweichen oder abwehr beim festziehen des gurtes selber.
typischerweise zeigt ein solches pferd das nicht nur beim sattelgurt,
sondern bei jeder art von gurt,
sogar wenn man nur einen elastischen gurt anlegt
oder eventuell schon wenn man ihm in gurtlage auch nur eine elastische bandage umbindet.
schuld daran sind meist erste schlechte erfahrungen mit dem gurten.
wird der gurt bei einem pferd, das noch gar keinen kennt,
die ersten paar male zu schnell oder zu fest gezogen,
dann ist das eine extrem unangenehme körpererfahrung.
stell dir mal vor, dir bindet jemand unvorbereitet ganz fest einen schweren sack auf den rücken
und zieht dabei einen riemen so fest um deine brust, dass du das gefühl hast, kaum noch atmen zu können.
so geht es auch dem pferd!
geht man die sache langsam an und gibt dem pferd zeit,
sich daran zu gewöhnen, ist alles kein problem.
es lernt, mit dem ding auf seinem rücken umzugehen.
es gewöhnt sich an den leichten druck um die brust und es macht die erfahrung,
dass nichts schlimmes passiert, dass es ungehindert weiteratmen kann und dass nichts schmerzt.
wenn man es langsam angeht.
bei pferden mit gurtenzwang ist das nicht geschehen.
und darum heißt es in diesem fall: zurück an den start.
such dir etwas, was du dem pferd um die brust legen kannst, mit dem es noch klar kommt.
mein tipp: eine elastische bandage, notfalls vielleicht erst mal nur locker umgelegt.
und lass das pferd eine positive erfahrung damit machen. gern mit leckerli :-).
es soll lernen: ich hab was um die brust und siehe da, es ist nicht grauslich!
dann hantel dich langsam und schritt für schritt weiter: mach die bandage etwas fester, nimm eine satteldecke samt bandage, dann eine satteldecke und einen normalen gurt (oben mit der bandage fixiert) usw. bis du auch den sattel wieder auflegen kannst und mit dem sattelgurt selber übst.
2. abwehr gegen den sattel
schaut das pferd schon komisch, wenn du mit dem sattel kommst,
oder versucht es gar nach dir zu schnappen, wenn du ihn nur auflegst?
dann überprüf mal die passform vom sattel!
in 9 von 10 fällen passt er sattel nicht, drückt und verursacht schmerzen.
kein wunder, wenn das pferd sich dann wehrt!
(im 10. fall von den 10 hat es sowieso rückenschmerzen und der sattel macht sie schlimmer, obwohl er passen würde)
denk dran, dass der sattel auf das pferd in bewegung angepasst werden muss,
nicht aufs stehende pferd!
sehr viele sättel lassen dem schulterblatt keinen spielraum für bewegung
und sind zu schmal für den rücken,
das gibt dann druckstellen neben dem widerrist und oberhalb des schulterblatts
(du spürst oder siehst dann sogar eine kleine kuhle in der muskulatur an der stelle).
wenn eigentlich der sattel schuld ist, dann musst du nicht lange gurten-gewöhnung üben.
das wäre sinnlos.
du brauchst einen neuen sattel, der für das pferd wirklich passt.
(dazu in einem anderen blog-artikel mal mehr).
3. abwehr gegen das reiten
vielleicht liegt es ja gar nicht am sattel, denn der passt.
vielleicht liegt es auch nicht am gurten, damit hat das pferd gar kein problem.
vielleicht liegt es daran, dass dein pferd genau weiß: oje! jetzt kommt wieder das reiten!
und findet das so bedrohlich, dass es versucht, sich gegen die anfänge zu wehren.
(weil es gelernt hat, unter dem sattel ist gegenwehr dann sinnlos).
das ist oft dann der fall, wenn ein pferd mit sehr harten methoden ausgebildet wurde,
die ihm den menschen auf seinem rücken ordentlich verleidet haben.
es ist auch dann der fall, wenn beim reiten immer zu viel und zu schweres vom pferd verlangt wird
und es bis an seine grenzen (der aufnahmefähigkeit und der körperlichen belastbarkeit) gearbeitet wird.
kein wunder, dass man dann nicht freudig reagiert, wenn der sattel auftaucht!
wenn du so ein pferd (übernommen) hast, dann gilt auch hier:
fang wieder am anfang an und arbeite das pferd erst mal so,
als wäre es ein jungpferd:
kurze einheiten, einfache dinge, leichte arbeit.
pack den sattel auch immer wieder mal einfach so drauf:
zum spazierengehen an der hand, für die bodenarbeit, für freiarbeit in der halle.
damit der sattel nicht immer automatisch das reiten ankündigt.
am besten gewöhnst du das pferd auch an den sattel als etwas positives,
so wie oben beim thema gurtenzwang für den gurt beschrieben.
es lohnt sich, etwas zeit und üben zur lösung des problems zu investieren.
schließlich gibt es viel zu gewinnen:
ein pferdeleben lang ein pferd haben, das freudig und ruhig bleibt beim satteln
statt einem, das jedesmal bockt oder schnappt oder sich ängstigt.
das ist doch allemal ein paar tage oder wochen üben wert!
ps: wenn du mit anderen „widersetzlichkeiten“ beim pferd zu tun hast, gibt es tipps dazu im webinar „wenn das pferd bockt und spinnt“