September 30, 2022

5 gründe, warum longieren dem pferd mehr schadet als nützt

pferde longieren ist so alltäglich wie putzen oder reiten. statt reiten, zusätzlich zum reiten, als bewegungsprogramm, zur gymnastizierung, zum dampf ablassen… gründe gibt es viele!

es ist ja auch so praktisch: eben mal schnell das pferd bewegen – ohne langwieriges putzen und satteln und ohne selber viel arbeiten zu müssen :-).

richtig gemacht würde ja auch nichts dagegen sprechen. meist aber wird das eine oder andere oder gleich mehreres falsch gemacht und dann schadet es dem pferd mehr als es nützt.

die 5 wichtigsten dinge, die daneben gehen können – und zwar ordentlich! – findet ihr hier.

und steinigt mich bitte nicht gleich, dass ich das longieren schlecht mache!
es verdient einen mehr als kritischen blick, finde ich.
(und ja, es kann – korrekt gemacht – auch sinnvoll sein).

was spricht nun dagegen?

 

1. einseitige belastung

im kreis rumrennen ist eine recht eintönige bewegung.
und eine sehr einseitige belastung des bewegungsapparates.
selbst dann, wenn das pferd wirklich korrekt geht, sich schön biegt und mit schub aus der hinterhand kommt.
dann arbeitet linksrum das linke hinterbein sehr viel, rechtsrum das rechte.

ähnliches gilt natürlich auch für den rest des körpers,
schließlich muss das pferd eine bestimmte körperhaltung einnehmen, um auf der kreislinie laufen zu können.

(du kannst das gern selber versuchen: geh auf alle vier beine und lauf mal 5 runden so im kreis herum. das ist nicht nur für deine knie unangenehm! spür mal in hals und schultern rein!)

in der freien bewegung genauso wie beim reiten wechseln immer gerade linien und kurven ab und das pferd ist im dauernden spiel mit seinem gleichgewicht – eine viel ausgewogenere belastung für den ganzen pferdekörper.

wenn das nun schon fürs korrekt gebogene und schön an der longe laufende pferd gilt, was macht das erst im anderen fall?

 

2. fehlhaltungen

sehr, sehr viele pferde laufen erst mal auf der vorhand und biegen sich schlecht – zumindest auf einer seite.
an der longe schaffen sie ca. einen drittel kreis noch halbwegs im gleichgewicht
und fallen spätestens danach auf die innere schulter und eiern wie ein motorrad um den rest es zirkels.

(ich mag gar nicht dran denken, zu wievielen an der longe  „schwierigen“ und „aufsässigen“ pferden ich schon geholt wurde, die einfach körperlich gar nicht in der lage waren, einen zirkel schmerzfrei und problemlos zu laufen).

wenn das pferd aber mit fehlender biegung, auf der vorhand und mit nach außen gestrecktem kopf im kreis rennt, dann wird diese fehlhaltung immer noch weiter eintrainiert und bringt genau gar nichts für die gymnastzierung (im gegenteil!) und auch recht wenig für den spannungs-abbau vorm reiten. 

es wird bloß müde, weil die sache anstrengend ist.
oder es reagiert eben „widersätzlich“…

übrigens: das ist keinesfalls ein plädoyer dafür, das pferd mittels verschnürung mit allerlei hilfszügeln in die „richtige“ haltung zu zurren! hilfszügel sind aber nochmal ein ganz eigenes kapitel….

 

3. verspannungen

wer sich in einer biomechanisch nicht sinnvollen körperhaltung bewegt,
baut verspannungen auf.

das geht gar nicht anders.

beim (nicht so idealen) longieren sind das gern verspannungen in der inneren schulter, im übergang schulter zu hals, im hals, im genick und im beckenbereich. 

je schlechter sich das pferd auf der jeweiligen seite biegen kann,
desto größer die verspannungen.

das kannst du manchmal ja direkt spüren:
wie viel kraft wendest du selber auf, um das pferd zu halten, wenn die zentrifugalkraft es nach außen treibt?
rat mal, wo diese kraft noch hinwirkt…

genau, überall dorthin, wo das pferd dann „gegenhält“.
(noch mehr) verspannungen sind aber das letzte, was du mit dem longieren erreichen wolltest.

 

4. abstumpfen im maul und genick

nach den gesetzen der physik gilt, dass eine einwirkende kraft mit einer gegengleichen kraft beantwortet wird.

auf gut deutsch:

druck erzeugt gegendruck.
zug erzeugt gegenzug.

selbst wenn dein pferd einigermaßen korrekt an der longe läuft und du keinen zug spürst, ist da doch noch etwas:

das gewicht der longe!
das ist gar nicht so ohne.

und wer gern „am seidenen faden“ reiten würde und haben möchte, dass sein pferd im genick weich nachgibt, tut sich mit einer schweren, schlackernden longe (oder auch auf kontakt und mit menschlicher körperspannung gehaltener longe) nicht unbedingt einen gefallen.

jedenfalls nicht, wenn am gebiss longiert wird.

(für die abenteuerlustigen: nimm mal ein ende der longe zwischen die zähne und zieh das ding 30 meter weit hinter dir her. das entspricht zwar nicht ganz dem longieren, gibt aber ein recht gutes gefühl dafür, dass eine longe gewicht hat – und da schlackert dann noch gar keiner an dir rum).

longieren am knotenhalfter oder einem dauernd verrutschenden stallhalfter mit der longe am ring unten eingeklinkt, ist übrigens mindestens so sinnlos.

 

5. geistloses laufen

mal ehrlich: immer nur im kreis rumlaufen ist einfach öde.

womöglich noch nach fixem schema: 5 minuten schritt linksrum und dann rechtsrum, 10 minuten trab, ein paar runden galopp, nochmal ein bisschen schritt und nach 30 minuten fertig.

pferde sind intelligente wesen und wären dankbar,
wenn sie das in der zeit mit dir auch sein dürften.
in der box haben sie dazu ohnehin keine gelegenheit.
auf der koppel beschränkt sich der nachdenkbedarf darauf,  den nächsten schmackhaften grashalm oder heu-happen zu finden und die sozialkontakte zu den herdengenossen zu pflegen. auch nicht wirklich anspruchsvoll…

(herkömmliches) longieren zählt definitiv nicht zum denksport für pferde.

eher im gegenteil. ich kenn genug pferde, die dabei abschalten und kaum ansprechbar sind, wenn man mal die routine ändern möchte.

wenn du also deinem pferd körperlich und geistig was gutes tun willst, dann lass das übliche im kreis rumrennen und lass dir etwas mehr einfallen!

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