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by brigid

Januar 29, 2023

fairness dem hund gegenüber

den begriff fairness verknüpfen wir im allgemeinen mit gerechtigkeit und dem einhalten von spielregeln im sport.
auch im umgang mit hunden ist oft von fairness die reden, neben respekt oder freundlichkeit.

doch was bedeutet fairness zwischen mensch und hund?

es kann ja nicht um die gerechte verteilung des haushaltseinkommens oder auch nur des kühlschrankinhalts gehen
(ich rate dringend von bier oder salatsauce für den hund ab!)

im zusammenhang mit hunden taucht der begriff fairness meist dann auf, wenn zwei oder mehr hunde zusammen in einem haushalt leben und es um eine gerechte aufteilung der vorhandenen ressourcen auf alle geht.

jeder soll einen bequemen liegeplatz haben, jeder seinen kauknochen bekommen,
alle sollen leckerchen kriegen und die zuwendung des menschen soll gerecht auf alle verteilt werden.
da reden wir von mindestanforderungen.

schwieriger wird es, wenn wir fairness zwischen hund und mensch anschauen.
heißt das, dass man jedenfalls ein bett mit dem hund teilen muss, um gerechtigkeit walten zu lassen?

natürlich nicht.
fairness heißt nicht alles buchstabengetreu zu teilen.

fairness dem hund gegenüber

der hund kann gern im bett schlafen, wenn er will und  der mensch das auch mag.
er muss aber nicht.
er kann gern ein stück vom apfel haben, den der mensch gerade ist.
er muss aber nicht.
er kann auch gern bei jeder unternehmung des menschen dabei sein,
er muss aber nicht.

es geht ja nicht ums direkte, materielle teilen,
sondern um das, was dahinter steckt und fairness erst ausmacht.
die wichtigsten drei elemente möchte ich mal kurz beschreiben:

1. faire chancen

es klingt so lapidar und hat doch so große auswirkungen:
der hund soll eine chance haben, es richtig zu machen.

unter „richtig“ verstehe ich dabei einerseits, dass der hund erwünschtes verhalten ausführen kann,
vor allem aber, dass er jede situation positiv bewältigen kann.

alles andere führt nämlich zu überforderung und belastung.
außerdem zu frust (bei hund und mensch), zu stress, zu anspannung….

wie oft aber bekommt der hund wirklich seine faire chance?

salopp formuliert:
jedesmal, wenn er nicht so tut, wie wir das wollen, hatte er die chance nicht.

wir haben zu viel verlangt,
wir haben ihm das „richtige“ nicht zeitgerecht beigebracht oder sogar versehentlich das falsche eingeübt.

wir haben das training verkehrt rum aufgebaut und der hund hat es echt schwer,
trotzdem noch die spielregeln zu erlernen und dann einhalten zu können.

fast immer konzentrieren wir uns in der hundeerziehung nämlich direkt auf das problem 
oder direkt auf die neue aufgabe – ohne auf die nötigen grundlagen zu achten, die dafür erst mal gegeben sein müssen.

ein fairer trainingsaufbau hält die nötige reihenfolge ein und
– bringt als erstes ruhe rein und reduziert ggfs. den erregungspegel
– stellt sicher, dass der hund aufmerksam ist
– achtet auf eine funktionierende kommunikation zwischen hund und mensch
– hält sich an die lern- und feedbackregeln
– und sorgt für den nötigen ausgleich und die geistige auslastung

mehr dazu beschreib ich im video „fairer aufbau, rasche erfolge“, das du gleich hier anfordern kannst (kostenfrei):

 

2. fairer anteil

der hund soll seinen fairen anteil an deinem guten leben bekommen.
das heißt klarerweise nicht, alles 1:1 teilen – das könnte ja sogar höchst ungesund für den hund werden.

es heißt aber, dass dir seine bedürfnisse genauso wichtig sind wie deine eigenen,
und dass du dich genauso darum bemühst, dass die erfüllt werden.

die bedürfnisse der hunde unterscheiden sich dabei in mancher hinsicht deutlich vom menschen.
so braucht zum beispiel der hund viel mehr schlaf und ruhe als unsereins,
sein schnüffelbedürfnis ist deutlich ausgeprägter und
sein bedürfnis nach sicherheit ist nur allzu oft weniger gut erfüllt als unseres.

hunde sind zwar untereinander unterschiedlich, die grundbedürfnisse sind aber die selben.
in diesem kleinen leitfaden (anklicken, kostenfrei bestellen und runterladen) kannst du nachschauen,
welche das alle sind und überprüfen, ob das bei deinem hund alles erfüllt ist.

je besser man seinen eigenen hund kennt
und je ehrlicher man den eigenen alltag mit dem hund überprüft,
desto besser gelingt es, dass auch der hund auf seine kosten kommt
und seine wesentlichen bedürfnisse alle und ausreichend erfüllt werden.

3. fairer umgang

bei unserem dritten punkt können wir am ehesten anleihe am fairness-begriff im sport nehmen:
da geht es darum, sich an allgemein verbindliche spielregeln zu halten
und einander nicht irgendwie auszutricken oder sich auf unlautere weise vorteile zu verschaffen.

spielregeln sind im zusammenleben mit dem hund der kern der hundeerziehung.
da geht es im prinzip ja um nichts anderes, als dass spielregeln eingeübt und eingehalten werden.

allerdings definiert diese spielregeln (in der regel jedenfalls) der mensch alleine.
im ersten schritt müssen wir uns also fragen,
ist die jeweilige regel wirklich fair
und passt sie zu den grundbedürfnissen des hundes?

wer als „spielregel“ definiert, dass der hund stundenlang an einem zugewiesenen platz liegen bleiben muss
und sich ohne aufforderung von dort nicht wegbewegen darf, hat das wesen von spielregeln missverstanden.

spielregeln sollen ein harmonisches zusammenleben für alle beteiligten erreichen,
nicht als diktat des einen über den anderen ohne rücksicht auf dessen wohlergehen und bedürfnisse erlassen werden.

zur fairness gehört dann auch, dass nicht nur eine seite, also der hund, gefordert ist, sich an die regeln zu halten.
die gelten für beide seiten!
wenn der mensch mal die regel einfordert und mal alle fünfe grade sein lässt,
wenn er einerseits vom hund etwas erwartet (sagen wir mal impulskontrolle bei hundebegegnungen oder kein ziehen an der leine)
und das dann selber nicht so macht (keine impulskontrolle bei begnungen oder selber an der leine ziehen),
ist das nicht fair.

was unter menschen als gradmesser für fairness dient, hilft übrigens auch dem hund gegenüber:
nämlich die frage: würde ich das fair finden, wenn ich an seiner stelle wäre?

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.