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by brigid

März 8, 2020

online hundeschule

dein hund hört nicht auf dich, obwohl ihr aufmerksamkeit und rückruf geübt habt?

dass der hund in bestimmten momenten unansprechbar ist, gehört zu den häufigsten alltagsproblemen.
taucht ein anderer hund auf oder hat er eine spannende spur in der nase, ist oft schluss mit der aufmerksamkeit auf den eigenen menschen

das kann natürlich am trainingsstand liegen (wie letzte woche hier ausgeführt).
das kann daran liegen, dass er sich im ernstfall sowieso nicht an dir orientiert, sondern sein eigenes ding macht
(dann solltest du hier mal reinschauen).

oft genug hat das aber einen ganz anderen grund: die aufregung wird ihm zuviel.
er hat bereits stress und verkraftet selbst geringe zusätzliche aufregung nicht mehr.

stress ist ja nichts anderes als aufregung, nämlich etwas zu viel davon
und zwar egal, ob freudige oder weniger freudige aufregung.
da sammelt sich tag für tag oder woche um woche schnell was an für den hund.

was das nun mit der aufmerksamkeit zu tun hat?
nun, stress beeinflusst die aufmerksamkeit gleich auf doppelte art und weise:

1.  stress verengt die wahrnehmung

im entspannten zustand kann man sich die aufmerksamkeit wie ein weitwinkel-objektiv vorstellen.
alle möglichen reize um einen herum werden wahrgenommen und verarbeitet.

verarbeiten heißt: das wichtig rausfiltern und dann entsprechend darauf reagieren.
alles unwichtige vielleicht noch teilweise wahrnehmen und dann ausblenden.

je höher der erregungspegel steigt,
je mehr der innere oder äußere druck zunimmt,
desto mehr verengt sich die wahrnehmung:
sozusagen von der weitwinkel-perspektive auf einen winzigen ausschnitt wie beim laserlicht,
wo alle energie in diesen winzigen ausschnitt geht.

was darum herum noch stattfindet, nimmt man höchstens am rande oder gar nicht mehr wahr.
auch der hund nicht.

in der natur machte das ursprünglich sinn:
wenn im gebüsch vor einem ein raubtier lauert, sind alle sinne auf dieses gebüsch und eine mögliche regung des raubtiers gerichtet. die schönen wolken am himmel bewundert man logischerweise nicht mehr.

im moment der gefahr sind alle sinne gespitzt, fokussiert und der erregungspegel im körper sorgt dafür, dass man rasch kämpfen oder flüchten könnte.

in unserem heutigen leben ist der biologische ablauf der gleiche, aber der zusammenhang nicht mehr da.
der hohe erregungspegel ist nicht wegen einer akuten gefahr da, sondern wegen chronischer stressbelastung.
trotzdem verengt sich die wahrnehmung genauso und blendet alles darum herum weg.
dazu kommt, dass unter dem stress auch die konzentrationsfähigkeit leidet.

hat nun der hund zuviel stress und trifft dann noch was aufregendes beim spazierengehen, passiert genau das:
seine wahrnehmung fokussiert völlig auf die aufregende sache und blendet alles andere aus.

buchstäblich!

online hundeschule

er sieht nur noch den entgegenkommenden hund,
er hat nur mehr die maus oder den hasen in der nase
und bekommt kaum noch mit, dass sein mensch ja auch noch da ist.

kein wunder, wenn er dann auch diesen menschen auch nicht mehr hört!

als wär das noch nicht genug, blockiert der stress den hund in seiner aufmerksamkeit auch noch auf eine zweite weise:

2. stress blockiert den hund

die aufmerksamkeit folgt ganz bestimmten regeln:
als erstes bekommt alles überraschende volle aufmerksamkeit,
dann alles unerwartete, gefolgt von allem neuen.
erst an vierter stelle wird alles wichtige mit aufmerksamkeit bedacht.

als mensch sind wir für unseren hund beim spazierengehen weder überraschend noch esonders neu.
wir können nur hoffen, zumindest wichtig zu sein.
wichtig ist aber etwas, was in die kategorie „erlernt“ fällt.

dass wir für unseren hund „wichtig“ sind, wenn wir ihn rufen,
wenn wir ihn von was spannendem wegholen wollen oder dergleichen,
das ist etwas, was wir uns im training erarbeitet und sorgfältig aufgebaut haben.

nur deswegen kommt der hund auf unser rufen freudig angelaufen, selbst wenn er grade einen spielkameraden entdeckt hat.
nur deswegen bleibt er gelassen bei uns und geht ruhig mit uns auf die seite, wenn sein todfeind vorbeigeht.
weil er gelernt hat, dass sich das lohnt und dass man das so macht.
weil es unter „wichtig“ abgespeichert ist.

nun hat stress neben vielen anderen unangenehmen eigenschaften noch eine besondere:
er blockiert das denken und das abrufen von gespeicherten informationen.
das gehirn schaltet weg vom langsameren großhirn, in dem alle lerninhalte und denkprozesse laufen,
und um auf das gefühlshirn und auf impulse.

der hund kann also im stress das gelernte nicht mehr (gut) abrufen
und er kann seine impulse nicht mehr so gut oder gar nicht kontrollieren.

damit sind alle neuen reize und alle impulsiven regungen tonangebend,
von der erlernten „wichtigkeit“ der menschlichen signale bleibt wenig bis gar nichts mehr über.
weil der hund buchstäblich nicht anders kann.

stressabbau nötig

wer also probleme damit hat, dass der hund draußen nicht mehr auf einen hört,
– obwohl aufmerksamkeitssignal und rückruf korrekt aufgebaut wurden
– obwohl beides auch mit ablenkung trainiert wurde,
der sollte unbedingt mal den stressabbau für den hund angehen.

erst wenn der stresspegel wieder runter ist, hat der hund überhaupt die chance, mit größeren ablenkungen draußen auch zurecht zu kommen und trotzdem noch auf seinen menschen zu hören.
(was dabei am besten hilft, dazu gibt es nächste woche die tipps hier im blog.
gleich anmelden zum blog, damit du den artikel nicht verpasst)

 

 

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.