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by brigid

April 26, 2015

wie reagierst du bloss richtig, wenn das passiert, was du nie erleben wolltest:

dein eigener hund knurrt dich an!

oder er knurrt ein kind an.
oder den netten kleinen welpen vom nachbarn.

hilfe! das darf doch nicht sein. das geht doch nicht! das kann man ihm nicht durchgehen lassen!

denkst du dir das dann auch? oder so was ähnliches?
ist es dir schon mal passiert und hast du dann genau das gedacht?

und vor allem – hast du dir die frage gestellt:

wie reagiere ich jetzt bloss richtig?

dann bist du nicht allein! das geht ganz vielen so, dass das knurren ihres hundes sie erst mal erschreckt und verstört.

dabei ist knurren eine ganz normale reaktion des hundes.  nicht, dass es toll wär, wenn es so weit kommt. nicht falsch verstehen! aber ich bin froh um jeden hund, der – wenn es für ihn eng wird – erst mal knurrt und nicht gleich deutlichere reaktionen setzt. wie hinfahren und zwicken oder beißen!

mit solchen hunden hatte ich schon öfter zu tun. das sind im regelfall die, die fürs knurren gestraft wurden (wie harsch oder nicht harsch ist dabei gar nicht so ausschlaggebend). die, die gelernt haben, dass man nicht knurren darf, sondern besser gleich zuschnappt.  und die damit dann endlich das erreichen, was sie wollten: dass man sie in ruhe lässt!

um nichts anderes geht es nämlich in der situation: lass mich in ruhe!

der hund fühlt sich bedroht.
und er sagt es.
laut und deutlich mit knurren!

meist deswegen, weil das leise und höfliche davor nicht gehört wurde!

genau: er hat davor schon gesagt, dass es so nicht geht.
dass es ihm zu eng wird.
dass er sich bedroht fühlt.
dass er angst hat, du nimmst ihm was weg.
dass er angst hat, du kommst ihm zu nah.

aber es hat nicht geholfen!
im gegenteil: die bedrohung wird immer mehr, die angst größer.
also wird der hund deutlicher.  und knurrt.

und wenn das nichts hilft?
dann wehrt er sich.
und schnappt oder zwickt oder beißt.

und genau deswegen ist es so wichtig auf das knurren richtig zu reagieren!

hier sind die wichtigsten fünf dinge für euch:

 

1. lies deinen hund richtig!

das klingt jetzt natürlich blöd, wenn dein hund dich schon angeknurrt hat. aber am besten wär es natürlich, wenn du es erst gar nicht so weit kommen lässt.

zumindest in zukunft nicht mehr.

dazu musst du deinen hund natürlich richtig lesen. also die leisen töne und die höflichen ansagen hören und sehen, mit denen er dich wissen lässt, dass es jetzt allmählich unangenehm wird.

dazu zählen vor allem sämtliche beschwichtigungssignale.
damit teilt der hund dir mit: äh,…das wird jetzt ein bissl eng / unangenehm/ bedrohlich.

dann womöglich ein paar stress-symptome:
das heißt dann: jetzt bin ich schon so aufgeregt, dass ich nicht mehr klar denken kann. jetzt halt ich’s gleich nimmer wirklich aus.

dann das „einfrieren“:
das ist der moment, wo der hund von seinem bemühen um friedliche konfliktbeilegung (die nicht funktioniert hat, weil du sie nicht mitgekriegt hast“) umschaltet auf abwehr.  wenn du auch das nicht mitkriegst und immer weiter machst mit dem, womit sich dein hund bedrängt fühlt, kommt als nächstes schon das knurren.

die körpersprache seines hundes wirklich gut zu kennen und zu verstehen, ist unabdingbar!
im alltag sowieso. vor allem aber, wenn dein hund verschiedene sachen eben schwierig findet.

ob nun du selber der auslöser bist. oder die kinder deines besuchs. oder der welpe vom nachbarn. oder was immer. egal.

im normalfall reagiert dein hund erst mit beschwichtigung. und dann mit flucht oder abwehr.
und so weit sollte es nicht kommen müssen!

(normalfall heißt übrigens: dein hund hat eine halbwegs normale sozialisation gehabt und er hat nicht bereits gelernt, dass er sich mit beschwichtigen nicht lang aufhalten muss, weil es nix bringt).

also schau genau!
und lern deinen hund wirklich gut lesen!

tipps:
» das buch „calming signals workbook“ von clarissa v. reinhardt im animal learn verlag gibt einen ganz guten überblick über die beschwichtigungssignale im alltag.
» mein webinar „hunde/körper/sprache“ liefert dir eine anschauliche einführung mit vielen bildern in die körpersprache deines hundes.

2.  knurren heißt „stopp“ – schritt zurück!

gäbe es einen untertitel fürs knurren, dann würde dort stehen:

„halt! keinen schritt weiter! das ist zu viel! stopp!“

wenn du selber in einer lage wärst, wo du jemandem entgegenrufst „stopp! sofort aufhören“,
was würdest du dir dann als reaktion erwarten und wünschen?

klarerweise, dass der aufhört! dass er dir etwas luft lässt.

genau das will auch dein hund von dir!

also mach das einzig vernünftige: einen schritt zurück!

lass deinem hund luft.
atme aus.
nimm druck raus.
hör auf mit der bedrängung, bedrohung, einengung….
was immer es ist, was deinem hund grad zu viel wird.

genau: was immer es auch ist!
egal, ob du findest, das ist ja nicht so schlimm.
oder das muss er aushalten.
oder das ist ja ganz lieb und harmlos.

wenn es deinem hund zu viel ist,
und zwar so sehr zu viel ist, dass er knurrt!

dann gibt es nur eines: lass ihn in ruh! tritt einen schritt zurück.
im englischen gibt es diesen wunderbaren begriff „back off“.
das heißt sinngemäß: jemandem nicht weiter auf die pelle rücken, sondern das gegenteil tun.

die menschliche reaktion ist leider oft genau das gegenteil:
wir erschrecken uns so, weil der hund knurrt oder gar uns anknurrt, dass wir noch etwas druck draufpacken.
also uns aufregen, uns verkrampfen, ein erschrockenes „spinnst? was fällt dir eigentlich ein!“ oder ähnliches vom stapel lassen oder gar schimpfen oder den hund erst recht bedrängen.

vor allem kleinere rassen zahlen dabei oft drauf: der yorkie, der beim frisieren irgendwann knurrt, erlebt womöglich, dass ihm halt einfach der kopf weggedreht oder das maul zugehalten wird – und es weiter ziept und reisst.
der 50kg rottweiler erzielt mit dem knurren meist eine bessere wirkung.

meinen tun aber beide das selbe: es ist zu viel! lass mich in ruh!
und beide sollten die selbe reaktion von dir bekommen:  aufhören! und in ruhe lassen!

schließlich soll die sache nicht weiter eskalieren!

schlimm genug, dass es diesmal so weit gekommen ist.
also: luft rauslassen, druck rauslassen, hund in ruhe lassen.

und in ruhe überlegen, wie es weitergeht ….

 

3.  umlernen

natürlich geht es nicht, dass dein hund jedes kind anknurrt.
oder dich jedesmal anknurrt, wenn du ihm die pfoten wischt oder an ihm vorbeigehst, wenn er einen kauknochen hat.

das ist ein problem. und muss fürs weitere leben gelöst werden! unbedingt!

das problem ist aber nicht das knurren!

das problem ist die situation.
das problem ist, dass der hund sich in dieser situation bedrängt fühlt.
und das eigentliche problem muss gelöst werden!

dazu braucht es: umlernen!

manchmal vom hund.
manchmal vom menschen.

am einfachsten geht es, wenn man manche situationen einfach vermeiden kann. es gibt keinerlei notwendigkeit,
– deinen hund am halsband festzuhalten und dabei (unabsichtlich) zu würden
– dich frontal und von oben über ihn zu beugen
– ihn festzuhalten, herumzuschieben, zu schubsen oder zu drücken
– fremden menschen zu erlauben, dass sie deinen hund abknuddeln und umarmen (auch nicht kleinen fremden menschen)
– ihn mit hunden zusammenzulassen, die ihm angst machen oder die ihn bedrängen.

also erst mal vermeiden! das erfordert meist umlernen vom menschen :-).
und ein genaues hinschauen und „lesen“ deines hundes, damit du rechtzeitig reagieren und einschreiten kannst.
(siehe punkt 1 oben)
andere  situationen – die sich nicht vermeiden lassen oder die der hund immer wieder erleben wird – müssen neu aufgebaut und „entschärft“ werden.

damit der auslöser verschwindet!
damit der hund sie nicht mehr als bedrohlich erlebt, sondern als neutral oder gar positiv.
damit er also gar keinen grund hat, zu knurren und sich zu wehren.

(falls nötig, hol dir dazu profesionelle unterstützung, damit nichts falsch läuft! )

nur eines solltest du mit knurren nicht tun:  es auf die leichte schulter nehmen!

denn dazu ist die sache zu ernst.
wenn schon nicht für dich, dann für deinen hund.
schließlich soll er dir vertrauen und sich auf dich verlassen können!

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.