wenn ein hund mit unerwünschtem verhalten dauerhaft unangenehm auffällt, dann taucht oft das wort dominanz auf.
manchmal verbrämt durch begriffe wie „führung übernehmen, autorität in frage stellen“ und ähnliches.
du hast das vielleicht auch schon zu hören bekommen:
der hund hört nicht auf dich, weil er dich nicht respektiert.
er zieht an der leine und will immer vorne gehen, weil er dominant ist.
wenn er andere (hunde oder menschen) anbellt oder gar stellt, dann deswegen, weil er deine autorität nicht akzeptiert.
wenn man nicht recht weiß, wie man das unerwünschte verhalten unter kontrolle bekommt,
wird man logischerweise unsicher.
und die aufforderung, man müsse dem hund nur mehr sicherheit geben, bringt dazu wenig.
viele wissen entweder nicht, wie man das tut.
oder sie verwechseln sicherheit mit herrischem auftreten.
(was übrigens genau das gegenteil bewirkt).
sich als rudelführer behaupten,
dem hund klar machen, dass er sich am menschen orientieren soll,
die rangordnung durchsetzen und selber die reaktionen bestimmen,
was ist da dran?
was hat dominanz wirklich mit unerwünschtem verhalten zu tun?
genau gar nichts.
hinter unerwünschtem verhalten stecken immer ganz klar motive und gesetzmäßigkeiten.
und „dominanz“ des hundes ist keines dieser motive.
bevor wir bei drei häufig als dominant missverstandenen verhaltensweisen die eigentlichen ursachen klären, noch ein hinweis:
was man sinnvoll gegen unerwünschtes verhalten und vor allem jene dingen vorgeht, die man nicht einfach ignorieren kann,
hab ich vor ein paar tagen ausführlich in einem kostenlosen webinar behandelt. das video davon ist nun (ausnahmsweise verlängert) noch die nächsten 24 stunden verfügbar. du kann es hier anfordern:
1. wenn der hund an der leine stänkert
hundebegegnungen an der leine sind für viele schwierig, menschen wie hunde.
der eigene hund hört plötzlich nicht mehr, ist unansprechbar,
womöglich zerrt er sogar an der leine oder beginnt zu bellen.
das ist tatsächlich eine situation,
wo der hund die sache selber – und schlecht – in die hand nimmt
und mehr führung vom menschen notwendig wäre.
allerdings keine führung im sinne von alphatier und unterordnung.
sondern eine umsichtige führungsverantwortung,
bei der der mensch selber souverän bleibt und darauf achtet,
den hund erstens nicht in eine situation zu bringen, mit der er nicht mehr umgehen kann,
und ihm zweitens rechtzeitig beibringt, wie an sich denn in so einem moment richtig verhält.
denn der hund ist nicht dominant, sondern schlicht überfordert.
entweder vor lauter aufregung,
oder aus unsicherheit und angst,
oder weil er fälschlicherweise gelernt (von seinem menschen!), dass man bei begegnungen radau zu schlagen hat.
natürlich sollte der hund orientierung bei seinem menschen suchen,
doch das muss er erst mal lernen und auch imstande sein.
und der mensch muss sich als kompetent erweisen, denn warum sollte der hund sonst auf ihn achten?
gefragt ist also verständnis für den hund, einfühlungsvermögen in der situation (inklusive richtiges lesen der körpersprache)
und das einüben von gelassenen hundebegegnungen (also erziehung).
2. wenn der hund zwickt und beißt
von fehlender beißhemmung und mangelnden respekt vor dem menschen ist schnell die rede,
wenn der hund in hände zwickt oder an hosenbeinen zerrt.
das urteil fällt besonders hart aus, wenn der junge hund kindern hinterhersetzt
und sie womöglich in die waden zwickt oder nach den kleidern hascht.
er würde nicht akzeptieren, dass auch kinder in der rangordnung höher sind als er, heißt es dann.
natürlich kann man nicht tolerieren, wenn der hund kindern nachsetzt
oder zu zwicken und beißen beginnt.
die ursache hat aber nichts mit dominanz zu tun.
es sind zwei ganz andere motive, die der hund hat:
er hält das ganze für ein spiel.
und wer hat ihm das wohl beigebracht?
rangeln mit menschenhänden oder lustige nachlaufspiele mit quietschenden kindern
finden leider viele mit dem süßen kleinen welpen ganz in ordnung.
ist der welpe dann 35 kg schwer und noch überdrehter als zuvor,
findet es klarerweiße keiner mehr süß.
der hund verfällt ins zwicken und beißen bevorzugt dann,
wenn er vor lauter aufregung und stress kaum mehr weiß, wohin mit sich.
was dagegen wirkt ist daher nicht eine rangordnungsklärung,
sondern stressabbau und ruhe reinbringen.
und am besten bringt man dem hund erst gar nicht bei, dass hände spielzeug sind oder nachlaufen und zwicken lustig ist.
3. wenn der hund besucher stellt
ob der hund nun passanten am zaun wütend verbellt
oder keinen fremden menschen in die wohnung lässt, ohne zu brummeln oder laut zu werden,
die diagnose „territorial“ und „alpha“ lässt nicht lange auf sich warten.
„territorialverhalten“ finde ich grundsätzlich als konzept ja fragwürdig (mehr dazu hier).
mit alpha und dominanz hat die ganze sache jedenfalls gar nichts zu tun.
am zaun hat das verbellen meist eine klare ursache:
aufregung durch einen störenfried,
belohnung fürs bellen, weil der eigene mensch einen anfeuert dabei (durch zurufe wie „lass das“ oder „ist ja gut“ oder ähnliches) und
belohnung fürs bellen, weil der störenfried daraufhin verschwindet.
genauso eindeutig ist das verhalten, wenn der hund in der wohnung fremde anknurrt oder verbellt:
er fühlt sich unsicher, er hat angst und empfindet die fremdlinge,
die da grade in sein zuhause eindringen und oft frontal auf ihn zusteuern, als gefahr.
also wehrt er sich, mit dem, was ihm zur verfügung steht.
was er nicht notwendig haben sollte,
wenn sein mensch ihn versteht und daher dafür sorgt,
dass der hund erst gar nicht in diese notlage gerät.
was immer das unerwünschte verhalten eines hundes auch ist, es hat immer andere ursachen als dominanz
oder den wunsch des hundes, sich zum chef der familie aufzuschwingen.
man sollte also das unerwünschte verhalten des hundes bekämpfen
und nicht den hund…