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by brigid

Juni 4, 2023

hund muss hören

hinter der hundeerziehung steht ein mehr oder weniger deutlicher anspruch: der hund soll auf den menschen hören.

wie vehement der anspruch ist,
mit welchen methoden ihm zur durchsetzung verholfen werden soll,
da klaffen die denkweisen und trainingsphilosophien weit auseinander.

doch selbst in der modernen und hundefreundlichen form der erziehung ist die absicht,
dem hund beizubringen, erwünschtes verhalten an den tag zu legen.
jedenfalls in gewissen situationen.

das macht auch sinn.
richtig gemacht ist es überdies im interesse des hundes.

hund muss hören

 

nehmen wir das beispiel rückruf.

beispiel rückruf

spazierengehen ohne leine und möglichst viel freilauf sind nur möglich,
wenn der hund auch verlässlich kommt, wenn man ihn ruft.

nicht nur beim üben und wenn es weit und breit keine ernsthafte ablenkung gibt,
sondern gerade auch dann, wenn der hund was anderes super spannend findet.
ob das nun radfahrer, stöckeschwingende kinder, andere hunde oder wildtiere sind, ist ziemlich egal.

wichtig ist vor allem, dass der hund verlässlich kommt, wenn man ihn heranruft.
aus gründen der sicherheit und des konfliktfreien miteinanders im öffentlichen raum.
es geht einfach nicht an, dass ein freilaufender hund andere – und sei’s in überschäumender freundlichkeit – bedrängt
oder gar sich oder die anderen in gefahr bringt.

also ja: der hund muss hören!

der hund macht das natürlich nicht, weil er wie eine maschine auf knopfdruck reagiert,
sondern weil im vorangegangenen training nicht nur das gewünschte verhalten solide aufgebaut,
sondern auch die nötige motivation dafür mittrainiert wurde.

es geht immer darum, dass der hund das richtige gerne (und oft sogar freiwillig) macht.

das wiederum ist die aufgabe des menschen:
für ein vernünftiges training zu sorgen,
die nötige begeisterung oder die erforderliche gelassenheit mit in die übung zu trainieren
und dann vor allem eines:

den hund richtig einschätzen!

richtig einschätzen

was der hund in welchem moment „bringen“ kann,
wie sehr ihn etwas ablenkt, wieviel aufmerksamkeit er gerade hat,
all das muss der mensch natürlich im auge haben und dementsprechend reagieren.

bleiben wir bei unserem beispiel rückruf:
man merkt ja genau, wie der hund beim spazierengehen an dem tag drauf ist.
man kriegt mit, ob er sehr aufmerksam ist oder grad eine schusselige phase hat.
man weiß, welche ablenkungen schwierig und welche leicht sind.

je nachdem, wie der hund grad drauf ist und welche herausforderungen die umgebung bereit hält,
läuft der hund dann frei,  soll näher bei einem bleiben oder kommt ein stück weit an die leine.

das garantiert dann nämlich, dass der hund das gewünschte verhalten schaffen kann
und man ihn nicht erst in eine situation bringt, wo er nicht mehr „hört“.

der appell: „der muss aber hören“ ist nämlich schlicht quatsch.

wenn der hund grad völlig aufgedreht ist oder vor irgendwas angst hat,
dann kommt man dem nicht mit drill sondern nur mit verständnis bei.
und mit rechtzeitigem (!) eingehen auf die situation und entsprechender anleitung und begleitung für den hund.

„keine maschine“

damit beweist man auch,
dass man eben nicht erwartet, dass der hund wie eine „maschine funktioniert“.
das kann er tatsächlich nicht.

er kann aber sehr wohl lernen,
auch schwierigkeiten souverän zu meistern,
sich auch bei großem trubel abrufen zu lassen
oder bei heftiger ablenkung ruhig zu warten
(oder was immer),
wenn der mensch ihn sinnvoll dabei unterstützt.

wichtig ist nur, dass der mensch sich diese mühe auch macht
und dass man sich die eigene aufgabe (rechtzeitig anleiten und gut begleiten) auch souverän wahrnimmt,
statt ein nicht hören auf des hundes damit zu entschuldigen, dass der eben keine maschine sei.
fast immer stecken dahinter nämlich fehlendes training, falsches timing oder unrealistische erwartungen des menschen.
und die lassen sich beheben.

kann es trotzdem zu fehlern kommen?
natürlich.
denn auch der mensch ist keine maschine und schätzt mal eine situation falsch ein.
der fehler sollte aber die seltene ausnahme sein, nicht die regel.

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.