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by brigid

Januar 2, 2022

fehler in der hundeerziehung

so sehr wir uns auch bemühen, fehler in der hundeerziehung lassen sich nie gänzlich vermeiden.
(wie auch sonst im leben nicht.)

die frage ist nur, wie wir damit umgehen.
oder noch besser: wie wir das beste daraus machen.
denn der alte spruch „aus fehlern lernt man“ gilt selbstverständlich auch hier.
vorausgesetzt, wir erlauben uns – und dem hund –  daraus zu lernen.

das ist nicht immer so leicht, wie es klingen mag.
aus gründen, auf die ich gleich eingehen möchte.

davor aber noch eine kurze anmerkung, um richtig verstanden zu werden.
so wichtig eine gute fehlerkultur auch ist,  es gilt natürlich trotzdem,
fehler möglichst zu vermeiden und nicht auf die leichte schulter zu nehmen.

das beste mittel gegen fehler ist immer noch das nötige wissen, das man für die hundeerziehung braucht.
als beitrag dazu gibt es zum jahresauftag eine dreiteilige (kostenlose!) masterclass „leben & lernen mit hunden“,
die am 15. januar anfängt und aus drei trainingsvideos samt arbeitsblättern und jeweils einer live-diskussionsrunde dazu am tag danach (erster termin am 16. januar) besteht. deinen platz dafür kannst du dir hier gleich jetzt (kostenlos):

fehlerkultur in der hundeerziehung

verfolgt man diskussionen über hundeerziehung, merkt man rasch,
wie hochgradig emotional gerade das thema fehler besetzt ist.

macht der hund etwas falsch, heißt es schnell, er sei bockig oder akzeptiere den menschen nicht
(sei also emotional nicht verfügbar)
oder gar, er hätte eine schlechte bindung zum menschen.
(da geht es gleich ans eingemachte, ans fundament der hund-mensch-beziehung).
dabei hat er oft genug schlicht nicht gelernt, wie er’s richtig machen soll.

macht der mensch einen fehler, gibt es drei übliche reaktionsmuster:

die ersten geben grundsätzlich dem hund schuld.
nicht der mensch, der im falschen moment gerufen hat, hat was falsch gemacht,
sondern der hund, der nicht kommt, macht den fehler.
nicht der mensch, der den trainingsaufbau fürs apportieren nicht richtig hinbekommen macht, ist schuld,
sondern der hund zu dumm oder zu aufsässig, um das dummy korrekt in die hand abzugeben.

die zweite gruppe weiß zwar, dass sie selber was falsch gemacht haben –
meist nämlich genau dann, wenn sie die geduld oder die nerven verlieren
und wider besseres wissen den hund anschnauzen, für ein vergehen schimpfen
oder für quengeln oder hochspringen mit aufmerksamkeit belohnen.
sie verbuchen das gerne unter „manchmal kann man halt nicht anders“.

in der dritten kategorie blüht das schlechte gewissen.
sobald jemandem auch nur ein kleiner fehler unterlaufen ist,
kommt sofort die reaktion „ich mach alles falsch“,
„mein armer hund, den mach ich ja kaputt“ und ähnliches.
die größe der schuldgefühle hat dabei meist herzlich wenig zu tun damit,
wie schwerwiegend oder eben gar nicht schwerwiegend ein fehler war.

aus fehlern lernen statt leiden

allen drei reaktionsmustern ist eines gemeinsam:
sie bringen uns nicht weiter.
keinen millimeter!

wer immer dem hund die schuld zuschiebt,
wird nie draufkommen, dass er/sie selber was anders angehen muss, damit es besser klappt.
mal ganz abgesehen davon, dass er/sie die einstellung zum hund mal überdenken sollte.

wer „halt manchmal nicht anders kann“,
sprich: wer selber eine mangelhafte impulskontrolle hat,
darf sich erstens nicht wundern, wenn der hund unzuverlässige lernerfolge und unsicherheiten entwickelt,
und sollte schon gar nicht über mangelnde impulskontrolle beim hund klagen.
wenn man’s ihm nicht anders zeigt und vorlebt, kann der manchmal „nicht anders“,
als zum anderen hund hinzurennen oder einen passanten am zaun zu verbellen.

das schlechte gewissen schließlich bringt auch nicht viel,
es belastet die stimmung zwischen hund und mensch,
wirkt sich (wegen der stimmungsübertragung) negativ auf den hund aus
und nimmt die ganze energie in anspruch,
die man viel besser in die nötigen veränderungen oder ins eigene lernen stecken sollte.

die versteckten ansprüche

hinter diesen diversen reaktionsmustern
und als ursache für die hohe emotionalität rund um fehler in der hundeerziehung
verstecken sich ansprüche, die nicht erfüllt werden – die auch nicht erfüllbar sind –
und die unser lernen aus fehlern blockieren.

da gibt es erst mal den anspruch, den hund zum „perfekten hund“ zu erziehen,
weil man aus diversen geschichten und filmen bilder vom hund im kopf hat,
der aus lauter liebe und treue zu seinem menschen durch dick und dünn geht,
ihn jederzeit wortlos versteht und aus brenzligen situationen rettet.
natürlich hätten wir so eine beziehung auch gern
und fühlen und darin bitter enttäuscht, wenn der eigene hund uns stattdessen an der leine durch die felder schleift
oder nachts jedes geräusch verbellt.

dann gibt es den anspruch, selber alles richtig zu machen,
ein richtiger „hundeversteher“ oder eine perfekte „hundeflüsterin“ zu sein.
also jemand zu sein, der den hund blindlings und auf anhieb versteht (oft ohne vorherige ausbildung),
und dem im umgang mit dem hund daher nie ein fehler unterläuft.
es erübrigt sich zu sagen, dass das menschenunmöglich ist.

und schließlich versteckt sich hinter dem anspruch auf perfektion
(sei es vom hund oder an sich selber) in der regel der wunsch nach kontrolle.
denn den hund, die situation und/oder die eigenen reaktionen jederzeit vollständig unter kontrolle zu haben,
verleiht das gefühl von sicherheit.
vollständige kontrolle und ein lebendiges wesen, das verträgt sich aber nicht miteinander,
das muss zumindest gelegentlich schief gehen.
die dann auftretenden fehler verunsichern umso mehr.

bevor wir uns im zweiten teil (nächste woche – blog gleich abonnieren, falls du den nicht verpassen magst) damit beschäftigen,
wir wir fehler vom hund oder von uns als lernmöglichkeiten bestmöglich nutzen können,
sind alle eingeladen, ein wenig ursachenforschung zu betreiben
und folgende fragen zu überlegen:

– welche ansprüche stecken bei mir dahinter?
– wie reagiere ich (emotional) auf eigene fehler?
– wie reagiere ich (emotional) auf fehler des hundes?

bis nächste woche!

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.