angst beim hund ist nie ein einfaches thema und vor allem eines, unter dem der hund sehr leidet.
ganz ähnlich sieht es mit der stressbelastung aus:
auch sie belastet den unsicheren oder ängstlichen hund besonders und ist manchmal schwer in den griff zu kriegen.
vor allem liegt das an einer sache:
der angst-stress-spirale.
die besteht aus dem sich gegenseitig hochschaukeln von angst und stress und lässt sich gar nicht vermeiden.
angst
angst ist ursprünglich eine fürs überleben wichtige reaktion.
sie stellt sicher, dass sich ein lebewesen nicht unnötig in gefahr begibt,
sie dienst als warnmechanismus und sorgt bei akuter gefahr für einen ordentlichen schub an adrenalin,
damit der hund (wie jedes andere lebewesen auch) sich durch flucht oder kampf aus der gefahrenzone bringt.
so weit ist das ein sinnvoller vorgang.
in der heutigen menschenwelt sorgen aber mehrere faktoren dafür,
dass unsicherheit und angst von einer evolutionär sinnvollen reaktion zu einer dauerhaften belastung und einem problem werden.
wenn der hund sich einem angstauslöser gar nicht entziehen kann,
wie die angst es ihm gebieten würde,
weil er zum beispiel an der leine festhängt und nicht weglaufen kann,
weil die gefahr in den eigenen vier wänden lauert oder zu besuch kommt
oder weil er auf das leben in der menschenwelt schlecht vorbereitet ist und durch den alltag verunsichert wird,
dann werden unsicherheit und ängste zu einem dauerthema.
das hat folgen.
erstens weil das leben in häufig wiederkehrender oder anhaltender verunsicherung kein gutes leben ist.
zweitens weil angst stress auslöst.
stress
auch der stress ist an sich eine sinnvolle reaktion des körpers auf veränderung.
die stresshormone, die beim auftauchen von neuem, spannendem oder gefährlichem ausgeschüttet werden,
sorgen für erhöhte erregung und handlungsbereitschaft des hundes,
so dass er sich bietende chancen ergreifen oder aber sich auftretenden gefahren entziehen kann.
siehe fluch oder kampf reaktion wie oben geschildert.
in all diesen fällen braucht der körper ja mehr energie und ein hochfahren der aktionsfähigkeit.
das herz pumpt, der kreislauf versorgt vor allem die muskeln gut,
die atmung wird intensiver, die aufmerksamkeit fokussiert sich.
der turbo wurde sozusagen eingeschaltet.
gleichzeitig unterdrückt der körper dabei jene funktionen,
die für die unmittelbare handlungsfähigkeit und das überleben im moment nicht zentral sind.
die verdauung wird gedrosselt, die immunabwehr auf halbmast gefahren,
die fortpflanzungsfähigkeit spielt keine große rolle und das (energieaufwendige) klare denken wird runtergefahren.
als einzelne reaktion sinnvoll und wichtig.
bei zu häufigen stressreaktionen sammeln sich allerdings stresshormone im körper an,
erzeugen chronischen stress und belasten damit die gesundheit des körpers und steuern sein verhalten in wenig sinnvolle bahnen.
hochschaukeln
stress auf dauer und häufige angst für sich genommen sind bereits ernste probleme.
es kommt allerdings noch schlimmer.
angst und stress schaukeln sich gegenseitig hoch.
angst ist einer der größten stressauslöser.
klar, immerhin geht es da ja ums überleben.
jedes angsterlebnis erzeugt daher automatisch stress.
häufige angsterfahrungen oder gar andauernde unsicherheit führen daher zu großem stress.
der stress wiederum hat unter anderem zur folge,
dass emotionen verschärft und impulsivität erhöht wird.
der hund erlebt seine angst noch intensiver,
er wird schreckhafter und seine angstreaktionen fallen heftiger aus als sie ohne stress wären.
dummerweise entsteht dadurch nochmehr stress.
der wieder die angst verschlimmert.
die wieder zu mehr stress führt….
ein teufelskreislauf.
ausweg
diesem teufelskreislauf entkommt man nicht mit halbherzigem bemühen.
schon gar nicht braucht man darauf hoffen, dass es von selber besser wird,
dass sich der hund schon daran gewöhnen wird oder ähnliches.
ganz im gegenteil ist eine phase nötig, wo der mensch erst mal ein paar wochen vor einigen herausforderungen steht.
nämlich erstens den stresspegel sehr drastisch zu senken.
außer den ängsten gibt es in jedem hundeleben zahlreiche große und kleinere stressauslöser,
die sich in der regel deutlich einfacher vermeiden lassen als die angst selber.
außerdem kann man den hund mit weiteren maßnahmen zur entspannung und zum stressabbau unterstützen.
dann zweitens die angstauslöser durch management und umsicht radikal zu vermeiden.
das, was den hund ängstigt, muss eine weile möglichst gänzlich vermieden oder aber zumindest entschärft werden
(durch größeren abstand, sicheren rückzugsort, etc. )
das kann nur eine vorübergehende maßnahme sein, weil sich nicht ein hundeleben lang alle angstauslöser vermeiden lassen,
doch um einen fuss in die tür zu kriegen und die angst-stress-spirale zu unterbrechen,
muss man da ein paar wochen extra aufwand betreiben.
bis man drittens daran gehen kann, angstabbau und aufbau von selbstsicherheit beim hund anzugehen.
der hund soll die erfahrung machen, dass er die angstauslöser gar nicht fürchten muss,
sondern dass die eh harmlos sind oder zumindest dass ihm nichts passiert und er in sicherheit ist.
dabei gilt es zu unterscheiden, ob der hund generell unsicher ist und daher mehr an seinem selbstvertrauen gearbeitet werden muss,
oder ob er spezifische ängste hat und man die ganz gezielt angehen kann.
die gute nachricht: es lässt sich viel verbessern.
am raschesten dann, wenn man genau wie geschildert stressabbau parallel mit angstvermeidung und dann darauf aufbauendes training zum überwinden der ängste oder unsicherheit in dieser reihenfolge angeht.