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by brigid

Oktober 13, 2024

das hat er noch nie gemacht

wer kennt den spruch nicht: das hat er noch nie gemacht!
ob wirklich nicht oder angeblich nicht, ist dann so eine frage.

wir ärgern uns, wenn uns so ein „hat er noch nie gemacht“-hund mit schmutzpfoten anspringt,
wir reagieren wenig freundlich auf einen hundemenschen, der uns mit dieser ausrede kommt,
und haben alle hände voll zu tun, unseren hund vor einer (spiel)attacke eines solchen hundes zu beschützen.

bis es uns eines tages selbst passiert.
unser hund stürmt plötzlich los und bellt oder springt jemand an, bedrängt einen anderen hund oder hetzt einen jogger.
dann sind plötzlich wir diejenigen, die entschuldigend „das hat er noch nie gemacht“ stammeln.

(wie wir am besten reagieren, wenn der hund einfach losrennt und nicht mehr hört, ist demnächst thema im neuen und kostenlosen webinar webinar „hund startet durch – was tun?“, für das du dir gleich hier deinen platz reservieren kannst.

es kann jedem passieren, dass der hund was völlig unerwartetes tut.
wir sind davon völlig überrumpelt und können uns das gar nicht erklären.

wie konnte es dazu kommen?

die vorzeichen

aus heiterem himmel passiert so was praktisch nie.
es gibt immer eine vorgeschiche, die mag bekannt oder unbekannt sein,
doch der hund tut nichts ohne grund.

das müssen nicht unbedingt dramatische dinge sein,
wie eine attacke auf einen menschen, dessen geruch ihn an ein traumatisches erlebnis erinnert.
in aller regel sind es scheinbar harmlose kleinigkeiten:

der hund ist gewohnt, dass andere sein grobes verhalten tolerieren,
bis er mal an den verkehrten gerät und dann „plötzlich“ kippt.

der hund neigt ohnehin zum hetzen, wenn sich was schnell an ihm vorbei bewegt.
dann reicht mal ein besonders stressiger tag, an dem gleich mehrere besonders schnell vorbeizischen,
und bei einem davon knallen ihm dann die sicherungen.

der hund empfand immer schon unbehagen, wenn ihm ein bestimmter menschentypus (kinder, große männer,….)
zu nahe kam, und dann passiert es mal im falschen moment und er knurrt oder schnappt.

schaut man ganz genau hin, dann fällt einem – jedenfalls im nachhinein – auf,
wo denn schon erste anzeichen dafür erkennbar waren,
dass irgendwas nicht ganz entspannt und harmlos abgeht.

vielleicht hat man sie nicht gesehen, weil man nicht auf die körpersprache geachtet hat.
vielleicht hat man sich die sache unbewusst schöngeredet oder die ersten anzeichen nicht ernst genommen.
bis es eben passiert.

der auslöser

aus einem latenten verhalten wird „plötzlich“ ein virulentes.
nämlich dann, wenn zusätzlich zu den vorzeichen akut ein auslöser eintritt.

genauer gesagt: eine kombination von auslösern.

denn einerseits ist der direkte auslöser beteiligt – also der andere hund, der radfahrer, das kind. etc.
und andererseits kommt stress dazu wie die lunte zum pulverfass.

was der hund im normalen leben noch halbwegs wegsteckt oder wo er sich noch zurückhalten kann,
wird in einer akuten stress-situation zu viel und dann tut er plötzlich, was er noch nie getan hat.

seine unsicherheit, sein mangelndes sozialverhalten, seine geringe impulskontrolle, seine gereiztheit entladen sich in einem verhalten,
das er „noch nie gemacht hat“.

hat er in der form auch noch nie.
deswegen überrascht es uns so sehr, jedenfalls in der heftigkeit.

aus dem nichts heraus kommt das verhalten aber nicht.
wir haben nur die vorboten nicht gesehen oder den auslöser falsch eingeschätzt.

der lerneffekt

die entscheidende frage ist nun, wie der lerneffekt ausfällt.

jedes verhalten führt unweigerlich zu einem lerneffekt.
der hund hat damit erfolg oder eben nicht.
er macht die erfahrung, dass er sich mit heftigem hinstürmen oder mit knurren was unangenehmes vom leib halten kann.

was wird er dann wohl in zukunft in einer ähnlichen situation machen?
genau. dasselbe wieder, denn es hat ja gut funktioniert.

spätestens beim zweiten mal kann man nicht mehr behaupten „das hat er noch nie gemacht“.
man ist inzwischen deutlich vorgewarnt.
idealerweise lernt nun auch der mensch dazu.

nämlich erstens, dass eine bestimmte situation den hund offenbar überfordert.
dass man daher herausfinden muss, warum und wie das entstanden ist
und die ursachen angehen sollte.

und zweitens muss man die konsequenz daraus ziehen und diese art situation in zukunft anders managen,
den hund besser unterstützen und vermeiden, sich nochmal so überrumpeln zu lassen.

schließlich will keiner zu einem dieser notorischen typen werden, die permanentes unmögliches benehmen ihres hundes oder die eigene nachlässigkeit mit dem spruch „das hat er noch nie gemacht“ entschuldigen.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.