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by brigid

Juli 24, 2016

leinentraining ist einfach leinentraining. oder?

entweder ist hat man einen hund, der gern zieht. oder hin und wieder mal. oder nicht.
entweder ist einem leinegehen wichtig und man übt es eben. oder eben nicht.

no big deal, keine große sache…

hmmm.

stimmt halt nicht.

denn wie ihr an der leine miteinander umgeht, prägt eure beziehung ganz schön!

an der leine zeigt sich dann, was ihr wirklich voneinander haltet. welche muster euer miteinander bestimmen. und ob es überhaupt ein miteinander ist oder ein gegeneinander.

klar: leinegehen ist etwas, was der hund lernen muss, das bringt er nicht von selber mit.
(glück gehabt, wenn du einen erwachsenen hund übernimmst, der wirklich schön locker an der leine geht! ist die große ausnahme).

und auch klar: leinegehen ist abhängig vom üben und abhängig von der momentanen aufregung des hundes.

aber das WIE macht den großen unterschied.

also:
wie du das deinem hund beibringst (oder nicht).
wie der hund sich an der leine dir gegenüber verhält.
wie du dich an der leine dem hund gegenüber benimmst.

(wenn du praktische tipps zum wie möchtest, dann schau mal ins kostenlose webinar „das leidige leineziehen“ rein)

manchmal hab ich das gefühl, die leine ist der lackmus-test:

sie bringt entweder das beste in uns hervor.
oder das schlechteste!
(alle, die schon mal echt genervt von der leinenzieherei ihren hund angeschnauzt haben, werden verstehen, was ich meine).
und alle grundlegenden beziehungsmuster sowieso.

an der leine erkennt man, was – neben der liebe zum hund und seiner bindung zu dir, neben dem spaß miteinander und der verspieltheit – noch alles da ist.

die häufigsten muster und was sie verraten hab ich hier mal zusammengestellt:

1. die nachgiebigen

die nachgiebigen sind sich bewusst, wie sehr die leine den hund einschränkt und mögen das nicht so sehr. sie möchten gern die leine locker haben, um keinen zug auf den hund auszuüben, und geben auf druck vermutlich auch sonst im leben gern mal nach.

das ergebnis: sie geben an der leine nach. der hund führt und geht dorthin, wo er möchte, und der mensch schön hinterdrein. wenn der hund mal zieht, lässt der mensch die leine locker – durch schneller gehen oder leinenlänge nachgeben.

für den hund ist das zwar angenehm, er lernt aber erstens, dass ziehen an der leine die beste methode zum weiterkommen ist, und zweitens, dass er immer seinen willen bekommt. bis er ihn dann mal nicht bekommt und die welt halb einstürzt deswegen!

die nachgiebigen haben die besten absichten, sind dabei aber ungewollt unfair dem hund gegenüber. der hund bekommt keine chance, das richtige verhalten zu erlernen und einige grundregeln des lebens zu lernen – unter anderem die, dass es eben regeln gibt. solche hunde sind meist eher frustrationsanfällig, gelten als „eigensinnig“ (ja, klar!) und manchmal machen sich ihre menschen sogar sorgen, dass sie zu wenig bindung haben. dann werden sie womöglich noch nachgiebiger, um die bindung zu fördern.  dabei mangelt es gar nicht an der bindung, sondern schlicht am erlernen von spielregeln und leinentraining! und vermutlich nicht nur an der leine.

2. die kontrollfreaks

sie sind das gegenteil der nachgiebigen und haben (unbewusst) ständig sorge, dass etwas aus dem ruder laufen und sich ihrer kontrolle entziehen könnte. bei ihnen muss der hund tipp topp an der leine gehen, meist sogar die ganze zeit bei fuß. tut er das nicht, wird er sofort korrigiert.

und mit korrigiert meine ich tatsächlich die übliche bedeutung von „zurechtgewiesen“, also scharfes kommando, kurzer ruck oder ähnliches. der hund hat was falsch gemacht und das wird geahndet.

nicht weil die kontrollfreaks böse wären, sondern weil sie gelernt haben, dass man das so macht.
weil sie einen gut erzogenen hund möchten und keinen anderen weg dazu kennen.
und ein bisschen auch aus angst: aus angst, die kontrolle zu verlieren und keinen einfluss mehr auf den hund zu haben. bevor er auch nur dran denken kann, sich dem einfluss des menschen zu entziehen, wird das schon im ansatz verhindert.

die kontrollfreaks möchten klare regeln und einen verlässlichen hund, unterliegen aber dem irrtum, dass man das über druck und fehlerkorrektur am besten erreicht. ihnen täte die erfahrung gut, wie man auf andere (sanftere) weise einen viel verlässlicheren und „kontrollierbareren“ hund erhält. und ein bisschen mehr vertrauen zum hund wäre auch gut. der könnte nämlich etwas mehr freiraum nicht nur brauchen sondern auch gut verkraften. und könnte das geschenk erwidern, indem er aus freien stücken genau das tut, was der kontrollfreak sich gewünscht hat.

3. die unbeständigen

die unbeständigen haben’s mit geduld und konsequenz meist nicht so. sie sind entweder auf hochtouren unterwegs, immer schnell, immer hektisch und dann kann man nicht immer konsequent bleiben. oder aber sie gehören eher zu den laissez-faire typen, die gern mal alles laufen lassen und dann gelegentlich einen anlauf fürs leinentraining unternehmen, der aber nicht ausreichend lange anhält.

der hund eines unbeständigen ist ziemlich chancenlos. wie soll der auch jemals herausfinden, welche spielregeln gelten und mit welcher verhaltensstrategie er den meisten erfolg hat? es gibt ja keine wirklichen regeln (jedenfalls an der leine nicht). also schaltet der hund meist sehr schnell auf autopilot und tut das, was ihm selber am logischsten erscheint oder was den meisten spaß macht. sie kümmern sich nicht mehr viel um den menschen da hinten (wozu auch?) und ziehen eben an der leine, wenn sie wo hin wollen, oder trödeln rum, wo sie was interessiert.

für beide seiten – hund wie mensch – ist das extrem frustrierend. der hund hat nie gelernt, was man an der leine (oder sonst im leben) richtigerweise tut, und der mensch hat frust, weil alle seine bemühungen nichts fruchten (dass er sie sich selber regelmäßig torpediert, ist den meisten ja nicht bewusst. sie sehen nur, dass sie immer wieder leinegehen üben und es keinen dauerhaften erfolg bringt).  dagegen gibt es aber leider nur ein rezept: mal eine zeit lang ein mindestmaß an beständigkeit entwickeln. und am besten dem hund das leinegehen so beibringen, dass den großteil der arbeit in zukunft der hund übernimmt :-).

4. die powertypen

die powertypen lösen auftretende probleme gern mal als erstes über kraft. davon haben sie ja mehr als genug. wenn also der hund an der leine zieht, zieht der powertyp schlicht dagegen und setzt sich damit durch. zumindest solange der hund eine bestimmte gewichtsklasse nicht überschreitet und seine kampftechnik nicht verfeinert hat.  und da darf man sich nichts vormachen: es gibt hunde aus der 10kg-kategorie, die im lauf der jahre so vehement ziehen gelernt haben und sich (dank niedrig gelegtem vierrad/bein/antrieb) so erfolgreich in die leine stemmen, dass sie gestandene männer hinter sich herschleifen!

mensch und hund stecken dabei in einem teufelskreislauf fest. druck erzeugt immer gegendruck. wenn also der hund zieht und der mensch dagegenzieht, stemmt sich der hund erst recht rein und der mensch wieder dagegen und so weiter. das prinzip „der stärkere setzt sich durch“ mag der lebenserfahrung der powertypen vielleicht entsprechen, vielleicht „brauchen“ sie ja sogar einen gewissen widerstand, um selber in die gänge zu kommen.  aber in der hundeerziehung hat es absolut nichts verloren! kräftemessen, widerstand und gegenwehr versauen jede beziehung, auch die zum hund.  was für eine entdeckung, wenn man dann mal feststellt, dass es auch ganz leicht gehen könnte! ohne kraft und kampf. und dann plötzlich ein miteinander möglich wird, wo vorher nur gegeneinander war.

5. die kommunikativen

die kommunikativen wissen, dass die leine nicht das eigentliche instrument ist, sondern nur ein zusätzliche sicherung, die die kommunikation nicht ersetzen kann. wie bei anderen punkten der hundeerziehung auch lösen sie die aufgabe durch kommunikation mit dem hund und positive motivation. die größte gefahr für die kommunikativen besteht darin, dass sie kommunikation mit viel text verwechseln. wenn sie aber in leisen, wenigen signalen und mit körpersprache mit ihrem hund kommunizieren, haben sie eine feine verbindung zu ihrem vierbeiner – egal ob an der leine, im freilauf oder sonst im leben.

für die hunde ist dies die einfachste und angenehmste form, weil sie klarheit und respekt beinhaltet und sie gute lernvoraussetzungen haben. damit ist auch das leinegehen kein thema. wenn der hund es aus spaß macht und weil er damit am besten weiterkommt, sind selbst ablenkungsreiche situationen zu managen. schließlich weiss der hund, dass sein mensch fair ist und er sich auf ihn verlassen kann. was will man mehr?

es zahlt sich also aus, deinem hund das leinegehen konsequent, fair und mit positiven methoden über kommunikation beizubringen!

dein hund zieht daraus schlussfolgerungen fürs weitere leben mit dir.
und du kannst einen umgang mit deinem hund einüben, wie du ihn dir eigentlich wünscht, und der nochdazu die besten erfolge bringt!

mach also aus dem leinentraining statt der manchmal lästigen pflicht eine begeisterte kür!

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.