in kaum etwas wird mehr hinein-geheimnist als in die „bindung“ zwischen mensch und hund. alle wollen eine gute bindung haben, wenige wissen, was genau das eigentlich ist und wie man sie erreicht. eins gleich vorweg: ob dein hund nun kommt, wenn du ihn rufst, an der leine zieht, un/aufmerksam oder sonstwie brav/schlimm ist, hat mit der bindung genau gar nichts zu tun!
schließlich bedeutet bindung nicht „der hund tut immer, was ich will“! auch wenn man noch immer vereinzelt auf hundetrainer trifft, die der mangelhaften bindung des hunds die schuld an allem möglichen geben. da schwingt dann schnell so ein unterton mit von „dein hund liebt dich nicht genug (weil du nciht mal für einen hund liebenswert genug bist) und deswegen macht er das /nicht!“
vergesst das!
verwechselt mir bloss erziehung nicht mit bindung!
auch der vermeintlich „schlimmste“ hund kann eine wunderbare bindung zu dir haben. oder vielleicht sogar grade der?
hier also mal ein paar fakten zur bindung:
was ist bindung eigentlich?
als bindung beschreibt man eine „enge emotionale beziehung“ zu einem bindungspartner, die am verhalten erkennbar ist. erforscht wurde das bindungsverhalten von kinderpsychologen an babys und müttern/vätern(wer mehr wissen möchte: bei john bowlby und mary ainsworth nachlesen!), die das wiederum u.a. aus dem tierreich hergeleitet haben.
sie unterscheiden zwischen vier verschiedenen bindungstypen, die sie im sogenannten „fremde situation-test“ untersucht haben. grundsätzlich gilt nämlich: bei trennung und/oder bedrohung und gefahr sucht das baby die nähe seines bindungspartners (und schreit zum beispiel danach), ist diese wiederhergestellt, dann tritt wieder sicheres und exploratives verhalten auf. je nach dem verhalten der eltern/bindungspartner und der erfahrung vor alem in den ersten 12 lebensmonaten entwickelt das kind dann seine bindung und seinen bindungstyp, der fürs spätere leben prägend ist.
was heißt das für unsere hunde?
hund sind soziale lebewesen wie wir und entwickeln daher ebenfalls bindungen. sie sind sogar so bindungsbedürftig, dass in einem versuch in einem ungarischen tierheim nachgewiesen werden konnte, dass tierheimhunde bereits nach 15 minuten eine bindung zu einem bisdahin fremden pfleger aufgebaut hatten!
für die hunde gilt eine spezialsituation: sie werden beim aufbau ihres bindungsverhaltens nicht nur von der mutter (oder anderen erwachsenen hunden als bindungspartnern) beeinflusst, sondern auch von den menschlichen ersatzeltern. welcher bindungstyp dein hund ist, hängt also ab
- von der hundemutter
- von dir
- von den erfahrungen, die der hund im lauf seines lebens mit bindungen macht
entscheidend ist dabei vor allem, ob der hund sichere und schutz bietende bindungserfahrungen macht, ob sein bindungspartner selber zum sicheren bindugnstyp gehört oder nicht, und ob er im lauf seines lebens traumatische erlebnisse wie zurückweisung, trennung, verlust oder ähnliches hat.
die vier bindungstypen
bei den menschen unterscheidet man vier bindungstypen, die man getrost auch auf hunde übertragen kann:
- sichere bindung
der hund kann sowohl mit nähe wie mit abwesenheit seines bindungspartners gut umgehen und fühlt sich sicher und geschützt, hat ein gutes erkundungsverhalten und vertrauen in ihre menschen und die welt. - unsichere vermeidende bindung:
der hund agiert „pseudo-unabhängig“, beschäftigt sich eher mit sich selbst und kann sogar abweisend wirken, ganz nach dem motto „ich brauch eh niemanden“ (was natürlich nicht stimmt). sie wirken eher reserviert und zurückhaltend, manchmal sogar richtig desinteressiert am menschen und haben probleme mit großer nähe. sie haben häufige zurückweisung erlebt und suchen nun ihre zuflucht im vermeiden von bindungen. - unsicher ambivalente bindung
der hund reagiert sehr widersprüchlich und schwankt zwischen sehr anhänglichem, ja klammerndem verhalten und abweisendem verhalten, häufig dann, wenn er das genauso bei seinen bindungspartnern erlebt hat – also wenn die bindungsperson unberechenbar und mal zugewandt und mal abweisend war. dieser typ lässt sich sehr schnell verunsichern und ist generell ängstlich und stark abhängig von seiner bindungsperson (und ihren stimmungen!) - desorganisierte bindung
die hunde zeigen kein eindeutig zuordenbares bindungsverhalten dem menschen gegenüber und häufig bizarre verhaltensweisen und stereotypien. eine desorganisierte bindung entsteht oft dann, wenn der hund in einer gefahrensituation eigentlich schutz und zuflucht beim bindungspartner suchen möchte, der aber jener ist, von dem die gefahr ausgeht.
in prinzip entstehen also alle bindungstypen daraus, wie feinfühlig oder wie abweisend die bindungsperson auf die äußerungen und bedürfnisse des säuglings/welpen eingeht.
… und wie man sie verändern kann
was dein hund aus seiner kinderstube oder seinem vorleben mitbringt und was ihr in den ersten wochen miteinander entwickelt habt, ist natürlich schon prägend. zum glück lässt sich mit positiven erfahrungen aber auch das bindungsverhalten noch beeinflussen und verändern.
im klartext heißt das: wenn du situationen falsch einschätzt und deinen hund auf sich selbst gestellt lässt, wenn du auf gehorsam beharrst, wenn er sich grade bedroht fühlt und weder sein ausdrucksverhalten richtig liest, noch seine bedürfnisse gut erkennst, dann wirkt sich das negativ auf die bindung aus.
egal, ob er nun grade an der leine zieht oder kommt oder nicht kommt!
wenn dein hund vertrauen zu dir hat, sich in gefahrensituationen hilfesuchend an dich wendet und dort kompetenten rückhalt findet, wenn du verstehst, was er dir sagen will und auf seine bedürfnisse angemessen und richtig reagierst, dann wirkt sich das alles positiv auf eure bindung aus.
das schöne: alles das kannst du gezielt angehen und üben und damit eure bindung und die sicherheit deines hundes verstärken.
(wenn du das mal gezielt angehen möchtest, dann ist der online-kurs „die bindung vertiefen“ genau dafür gedacht!)
und dem nächsten hundetrainer, der dir erklärt, dein eigenständiger hund, der grad intensiv rumschnüffelt und partout nicht kommen mag, ist einfach ein „sicherer bindungstyp“ und nicht bloss mangelhaft erzogen :-).
(ok, das war jetzt nicht ganz ernst gemeint…)