ah, der „triebige hund“! der scheint nicht auszurotten zu sein. wie ein lästiges gespenst taucht er immer und immer wieder auf und treibt sein unwesen. ich sag dazu nur eins: weg damit! für immer!
nicht nur, weil der begriff wissenschaftlich gesehen auf die müllhalde gehört, weil er unfug ist.
sondern in erster linie, weil er schaden stiftet. den hunden! und das geht gar nicht.
„triebig“ heißt nämlich übersetzt in wirklichkeit: hektisch, hochgeputscht, gestresst, überdreht, hyperaktiv, süchtig, durchgeknallt….
„triebig“ kann ja alles mögliche bedeuten und wird irrigerweise verwendet, um
a) wesensmerkmale oderb) motivationszustände oder
c) den erregungspegel
eines hundes zu beschreiben. das sind nun aber drei wirklich völlig unterschiedliche dinge, die da mit einem wort belegt werden. nein, da geht es nicht um wortklauberei. da geht es um ein grundlegendes missverstehen des hundes und zwar gleich in drei punkten:
1. die trieb-theorie ist so was von überholt
ging man früher (ziemlich viel früher!) davon aus, dass ein lebewesen von verschiedenen angeborenen trieben, die recht mechanisch nach befriedigung streben, gesteuert wird – und sich dagegen auch kaum wehren kann – so weiss man heute, dass dem so nicht ist. die herren freud (für die psychoanalyse) und lorenz (für die verhaltensbiologie) sind gründlich widerlegt worden.
insbesondere das „triebstaumodell“ von lorenz hat sich unter den augen der modernen neurobiologen in heiße luft aufgelöst. lorenz postulierte ja fix angeborene triebe, die – wenn sie länger nicht ausgelebt werden – zu einem solchen aufstauen von triebenergie führen, dass das verhalten dann sogar ohne auslöser ausgeführt wird. in der wissenschaft weiss man, dass das humbug ist. der gesunde hausverstand sagt einem auch, dass es so nicht läuft.
aber mal ehrlich: sagen das auch alle hundeleute? oder stecken nicht doch klammheimlich noch der autmatisch abgespulte trieb und sein triebstau in den köpfen so mancher trainerInnen?
fakt ist: das verhalten eines hundes wird gesteuert von sogenannten „verhaltensmustern“, die entweder genetisch fixiert sind (bei hunden sind das ziemlich wenige), genetisch vorveranlagt (das sind schon ein paar mehr) oder erworben (durch erfahrung und lernen). nix da mit trieb.
wer seinen hund verstehen will, muss sich damit auseinandersetzen, woher die diversen verhaltensweisen kommen, was sie fördert/nicht fördert, welche rolle lernen und erfahrung spielen – und damit der mensch selber. das ist komplexer als ein knöpfchen mit der beschriftung „trieb“, auf den die natur drückt, und dann kann man nichts mehr machen. unsere hunde sind eben komplexe lebewesen (wie unsereins ja auch 🙂 ).
2. motivation kann auch ganz leise sein!
meist wird das wort „triebig“ mit einer gewissen genugtuung verwendet (oder hör ich da sogar kaum verhohlenen stolz heraus?), um einen hund zu beschreiben, der angeblich besonders motiviert oder begeistert ist. zumindest solange diese begeisterung der vom menschen gestellten aufgabe gehört.
fakt ist, dass in den meisten fällen der hund, der dazu im bild erscheint, ein aufgedrehter, hektischer, schneller oder wilder typ ist. „triebig“ eben.
noch keiner hat mir einen hund als „triebig“ geschildert, der hochgradig motiviert und konzentriert seiner suchaufgabe nachgeht. oder seinen hund, der höchst motiviert und lange zeit geduldig da liegt und wartet, dass beim essen zubereiten irgendwas runter fällt. der hat seine motivation, das kann ich euch garantieren! aber triebig nennt ihn keiner.
die schlussfolgerung: alles was nicht laut und wild und aufgedreht ist, kann nicht motivation sein. oder?
so betrachtet fällt auf, dass da was nicht stimmen kann. aber wieviele hundeleute haben nicht schon verzagt ihren ruhigen, konzentriert arbeitenden hund als irgendwie defizitär wahrgenommen, weil er halt nicht so triebig ist wie der hochgeputschte malinois nebenan.
noch ärmer dran ist eben dieser hochgeputschte malinois! von motivation und freude ist es oft nicht weit zu überforderung, überdrehtheit und überlastung. suchtverhalten übrigens inklusive! wobei das alles dann als erwünschte oder tolerierte triebigkeit gutgeheißen wird.
mit dem stempel triebig wird der hund beschrieben, als könnte der gar nicht anders, dabei würde er so gern viel anders! entspannt und gelassen. tatsächlich motiviert statt in irgendwas reingetrieben und hochgeputscht.
daher merke: ein „triebiger“ hund ist in den allerseltensten fällen ein glücklicher hund!
3. „triebig“ heißt gestresst
in aller regel jedenfalls. triebig ist ein hund nämlich auch dann, wenn man mit ihm an keinem andern hund vorbeikommt, wenn er beim begrüßen minutenlang zum zweibeiner wird oder er das leinegehen mit baumstammrücken verwechselt.
macht das der hund von jemand anderm, fehlt ihm die erziehung.
macht es der eigene hund, dann ist er triebig und kann nicht anders.
letzteres kommt von allen beispielen der wahrheit noch am nächsten. wenn man den akuten erregungspegel ansieht – also den stresspegel – dann ist der tatsächlich oft so hoch, dass dem hund ein vernünftiges und ruhiges verhalten nicht mehr zugänglich ist.
der hund bräuchte dann allerdings dringend stressabbau, ruhe, runterkommen. kein schönreden eines echt anstrengenden zustandes (für beide seiten! hund und mensch) als triebigkeit.
das eben ist das fatale am konzept „triebigkeit“.
man nimmt das verhalten hin.
oder findet es sogar gut.
dem hund geht es damit aber nicht gut!
oder ginge es dir gut, wenn du dauernd auf tausend touren durch die welt hekteln müsstest?
eben…
daher bitte ein bisschen genauer hinschauen, ein bisschen mehr hinterfragen, wie es dem hund grad wirklich geht, und das „t“-wort einfach streichen. für immer.
übrigens: wenn du einen hund hast, den schon mal wer „triebig“ genannt hat oder der hin und wieder auf hundert ist (oder auf tausend oder auf hunderttausend), dann könnte das kostenlose webinar „hund auf hundert?“ was für dich sein.