die vermenschlichung des hundes galt die längste zeit als völliges no-go.
wo kämen wir denn da hin, wenn wir einem tier gefühle oder sonstige menschliche regungen zuschreiben würden!
in der wissenschaft galt das als völlig verpönt und kardinalfehler des falschen blicks aufs tier.
zum glück hat sich inzwischen einiges geändert,
nicht zuletzt seit das gefühlsleben von tieren genauer erforscht wird,
sich forscher*innen selbst an die heikle frage bewusstsein bei tieren wagen
und man festgestellt hat, dass die interpretation von verhalten aus menschlicher sicht manchmal hilfreich sein kann.
manchmal.
denn es ist trotzdem vorsicht geboten.
bei allen parallelen gibt es auch viele unterschiede, bei denen eine falsche vermenschlichung gravierende folgen haben können.
1. ausdrucksverhalten
nehmen wir nur das ausdrucksverhalten von tieren.
intuitiv interpretieren wir einen hund, der sich duckt und kleinmacht,
der die rute einzieht, die ohren nach hinten legt und ausweicht völlig korrekt als einen ängstlichen hund.
dazu ist kein großes studium der hunde-körpersprache nötig.
doch achtung.
nicht jeder ausdruck eines tieres, das an eine menschliche geste oder mimik erinnert, bedeutet das selbe.
nehmen wir nur das zähneblecken und „grinsen“ bei schimpansen.
das ist mitnichten ein ausdruck von fröhlichkeit, sondern vielmehr eine drohgebärde.
kleinkinder können übrigens auch beim hund die drohend gebleckten zähne nicht einordnen
und missverstehen sie als freundliches lachen, also vorsicht!
was viele hunde teuer zu stehen kommt, ist ein anderes missverständnis:
ihr „schuldbewusster“ ausdruck.
vermeintlich gibt der hund damit zu erkennen, dass er ein schlechtes gewissen hat,
weil er was angestellt hat und „der weiß doch, dass er das nicht darf“.
fakt ist aber, dass er das nicht weiß und keinerlei schuldgefühle hat.
er kriegt nur mit, dass sein mensch grad miese laune hat (weil er die schandtat entdeckt hat und sich ärgert)
und daher beschwichtigt, um eine weitere eskalation zu vermeiden und den menschen wieder friedlich zu stimmen.
2. gefühlsleben
bei den allermeisten anderen gefühlen überwiegen die parallelen.
hunde können sich genauso freuen, wie menschen.
sie können trauern und sich ärgern und sich können sich besonders gut einfühlen in andere.
sie sind selbst zu komplexeren gefühlen fähig.
die forschung hat inzwischen nachgewiesen, dass sie einen sinn für gerechtigkeit haben oder altruistisch handeln können.
an sich sollte das logisch sein.
denn erstens sind hunde hochsoziale lebewesen und ohne empathie und gefühle lässt sich sozialleben schwer organisieren.
und zweitens – ganz allgemein – wäre es doch verwunderlich,
wenn die evolution gefühle bei abertausenden tierarten zurückgehalten
und erst ganz schnell mit dem entstehen der ersten menschen „ausgepackt“ hätte.
3. interessen
die meisten probleme schafft vermenschlichung nciht beim zuschreiben diverser menschlicher eigenschaften an tiere,
sondern dort, wo wir automatisch, manchmal unbewusst, davon ausgehen, dass tiere die selben interessen haben wie wir.
natürlich wissen wir, dass ein hund sich für vieles interessiert, was uns eher nicht so liegt.
aas zum beispiel, oder minutenlanges schnüffeln an diversen für unsereins völlig bedeutungslosen stellen.
es ist den meisten auch klar, dass dem hund ein schöner waldspaziergang tausendmal lieber ist
als ein gemächlicher stadtbummel.
doch wie oft hat man nicht schon gehört (oder selber gesagt) „das macht ihm aber spaß“.
zum beispiel, wenn diskutiert wird, ob der hund auf den weihnachtsmarkt mitkommt.
oder zum fussballspiel oder ähnlichem.
mit allergrößter wahrscheinlichkeit lässt sich da sagen: nein, ziemlich sicher hat er daran keinen spaß.
(übrigens: die mimik von spaß und stress schaut beim hund leider sehr ähnlich aus, wie hier mal mit fotos gezeigt.
wer mag, kann mit diesem test gleich seine einschätzung überprüfen).
weniger offensichtlich ist es bei gelegenheiten, die nicht so eindeutig mit trubel und stress verbunden sind.
möchte der hund wirklich mit zum weihnachtsbesuch bei verwandten oder lieber zuhause bleiben?
möchte der hund tatsächlich gekrault und bekuschelt werden oder lieber seine ruhe haben?
möchte der hund selber nicht raus bei regenwetter (was es gibt) oder hat der mensch grad keine lust?
man läuft da öfter mal gefahr, die eigenen interessen automatisch als die des hundes anzunehmen.
weil man selber den hund gern dabei hätte, geht man davon aus,
dass der hund einem auch wirklich gesellschaft leisten und mit dabei sein möchte.
was nicht immer stimmt.
es lohnt sich also, genauer reinzuspüren: wer von uns beiden hat welches interesse?
macht ja nichts, wenn die nicht immer deckungsgleich sind, solange beide im wesentlichen auf ihre kosten kommen.
fazit
unterm strich muss man sich keine großen sorgen wegen der „vermenschlichung“ des hundes machen.
sie hilft über weite strecken aus der haltung „das ist ja nur ein hund“ herauszukommen, die dem hund nicht gerecht wird.
man sollte aber ein wenig über körpersprache und verhalten des hundes wissen, um keinen trugschlüssen aufzusitzen.
vor allem aber braucht es ein kritisches hinterfragen der eigenen wünsche und interessen und wie sehr die tatsächlich dem hund entsprechen. immerhin haben wir zwar eine enge bindung, sind aber doch zwei verschiedene lebewesen mit eigenen rechten.