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by brigid

Juni 16, 2024

hundekontakte

mit hundekontakt ist das so eine sache.

einerseits möchte man ihn, weil der hund ja kontakt zu artgenossen und die gelegenheit zum spielen haben soll.
andererseits scheut man ihn manchmal, weil es auch schief gehen kann und der hund keine schlechten erfahrungen machen soll
(besonders dann, wenn er schon mal die eine oder andere hatte).

woran man erkennt, wann es gut gehen wird, wie man den eigenen hund am besten vorbereitet und was es alles zu beachten gibt, schauen wir uns demnächst genauer im brandneuen webinar „richtig reagieren bei hundekontakt“ an, für das du dir gleich hier deinen platz reservieren kannst (kostenlos):

was alles noch schwieriger macht, sind einige annahmen über das sozialverhalten von hunden, die sich hartnäckig halten –
und trotzdem falsch sind.

5 besonders häufige und besonders falsche mythen knöpfen wir uns heute vor.

1. welpenschutz

welpen genießen angeblich bis zu einem gewissen (ungenannten) alter eine art narrenfreiheit,
den sogenannten „welpenschutz“.

der soll verhindern, dass der kleine mit seinem ungestümen gebahren entsprechend grobe reaktionen von den großen kassiert.
nur wissen das bei weitem nicht alle großen.

es stimmt, dass viele hunde äußerst vorsichtig und lieb mit welpen umgehen
und sich – insbesondere von welpen die sie kennen – so einiges gefallen lassen.

das ist aber bei weitem nicht selbstverständlich!

genauso gut gibt es eine erkleckliche anzahl an hunden,
denen welpen mit ihrem unberechenbaren verhalten überhaupt nicht geheuert sind
und die sofort drüberfahren und mit abwehrverhalten reagieren.
genau das, was der welpe nicht erleben soll.

in der regel sind das hunde, die selber sehr höfliches und sensibles sozialverhalten haben
und zusätzlich kaum (oder schlechte) erfahrungen mit welpen.

also unbedingt aufpassen, bevor man den eigenen welpen kontakt mit einem anderen hund haben lässt!
das geht schneller schief als es einem lieb ist.

2. die regeln das untereinander

ach je, der spruch „die machen das schon untereinander aus“ ist einfach nicht auszurotten.

hunde sind bei weitem nicht imstande, jegliche situation friedlich und sozial kompetent untereinander zu regeln.
wir wollen ja nicht, dass sie’s irgendwie ausmachen –
indem der eine den anderen angeht oder unterbuttert oder so.

das kann aber durchaus passieren.
nicht jeder hund ist mit jedem anderen hund jedenfalls verträglich.
schon gar nicht in jeder situation.

da ist schon der mensch gefordert, die situation und die involvierten hunde gut einzuschätzen
und zu beurteilen, ob das sozial kompetent läuft
oder ob man nicht doch besser selber eingreift.

als faustregel gilt jedenfalls:
wenn einer der hunde unsicherheit oder angst erkennen lässt,
ist es allerhöchste zeit, einzuschreiten.

3. hunde wollen spielen

uns menschen geht das herz auf, wenn wir fröhlich spielende hunde sehen.
irgendwie verleitet uns das wohl zu dem glauben,
dass hunde gern mit jedem anderen hund spielen.

bei welpen und junghunden trifft das zwar in großem ausmaß zu, dass sie gern spielen.
doch selbst die suchen sich aus, wen sie zum spiel auffordern wollen
und mit wem sie das spiel tatsächlich als solches erleben.

werden die hunde erwachsen oder dann älter, nimmt das spielverhalten bei den meisten ab.
man spielt dann noch gelegentlich mit gut befreundeten hunden,
aber längst nicht mehr mit jedem, der einem begegnet.

völlig normal.
auch ein 40- oder 50-jähriger mensch schleppt neue bekannte nicht gleich zur schaukel oder in die sandkiste.

hundekontakt und -kommunikation besteht aus so viel mehr als spielen.
da könnte einem das herz auch bei vielen anderen interaktionen aufgehen.

4. rüden sind schwierig

wer kennt die frage nicht, die einem manchmal von weitem entgegenschallt:
„ist das ein rüde?“
davon hängt dann ab, ob ein kontakt zwischen den hunden erwünscht ist oder nicht.

die annahme dahinter:
rüden würden sich mit rüden schlecht vertragen
oder rüden wären generell im kontakt schwieriger.

das stimmt nur zu einem geringen teil.
ja, es gibt unkastrierte rüden, die auf andere unkastrierte rüden mit imponierverhalten und gestelze reagieren.
nicht zuletzt deswegen, weil sie so selten mit rüden kontakt haben durften
und daher kein angemessenes sozialverhalten ihnen gegenüber entwickelt haben.

oder aber – der viel häufigere fall – sie haben zuviel stress im normalen leben,
der durch das testosteron noch befeuert wird.

jeder überdrehte oder gestresste hund ist im kontakt mit anderen potentiell zu heftig,
kann sich selber schlecht dosieren und kippt schneller in unfreundliches verhalten.
das hängt weniger von geschlecht und mehr vom stresspegel ab.

5. hunde sprechen die selbe sprache

hunde untereinander sollten sich doch verstehen, meint man.
immerhin sprechen sie die selbe sprache.

mit der können sie zwar auch unfreundlichkeiten austauschen,
doch verstehen tun sie sich doch, oder?

mitnichten.

auch hunde können sprachprobleme haben und missverständnissen aufsitzen.
das liegt einerseits an den unterschieden zwischen den verschiedeen hundetypen und ihren ausdrucksmöglichkeiten
(das repertoire der mimischen ausdrucksmöglichkeiten zwischen pudeln und wolfshunden zum beispiel so enorm,
dass es bei einem versuch zwischen denen dauernd zoff aufgrund von missverständnissen gab).

andererseits liegt es daran, dass soziale kommunikation eine frage der welpenerfahrungen und der übung ist.
wenn zum beispiel der hund kaum gelegenheit hatte, beschwichtigungssignale von klein auf kennenzulernen
(wie zum beispiel bei handaufzuchten der fall sein kann),
dann plagen sie sich auch später.

aber auch ganz normale kommunikationsprobleme treten auf,
weil die einen zum beispiel sehr fein und sehr höflich und distanziert kommunizieren,
während die anderen viel direkter und forscher sind.
das kann dann schon mal zu konflikten führen, eben weil sie nicht die gleiche sprache sprechen.

auffällig ist, dass hunde aus freilebenden populationen meist besser mit anderen hunden auskommen
und subtiler und feiner kommunizieren.
unsere haushunde ingegen plagen sich damit mehr, wohl nicht zuletzt eine folge von
einerseits der anpassung an den menschen und
andererseits der geringeren übungs- und beobachtungsmöglichkeiten mit anderen hunden.

das heißt vor allem eines: wir als menschen sind stärker gefordert.
wir müssen uns selber schlau machen, wie hundekontakte ablaufen,
um unseren hunden eine souveräne begleitung sein zu können.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.