die ersten paar meter sind immer die schwierigsten, denn da schlägt die anfangsaufregung zu.
dann reagiert der hund unruhig oder hektisch, zieht an der leine oder bellt sogar.
wir treffen auf die anfangsaufregung jeden tag, wenn wir mit dem hund spazierengehen oder auch nur zum gassi-gehen kurz raus müssen. fast alle hunde reagieren auf das rausgehen mit unruhe, ziehen womöglich an der leine oder sind schlecht ansprechbar.
ganz ähnlich läuft es ab, wenn der hund nach einer kürzeren oder längeren fahrt aus dem auto aussteigt,
oder wenn er das erstemal in einer neuen umgebung ist
der mensch hat dann seine liebe not, wenn der hund vorprescht,
vor lauter schnüffeln auf nichts mehr reagiert und jede begegnung zu hektischem verhalten führt.
ist das aber nicht verständlich?
der hund war ja grade die ganze nacht im haus und konnte sich nicht lösen, nun muss er doch mal dringend…
(als ob ein hund, der’s grade 8-10 stunden problemlos eingehalten hat, das nicht noch 2 oder 3 minuten lang schaffen würde).
mit dieser überlegung redet man sich schön,
warum man den hund nun – trotz allem leinentraining und obwohl man’s besser weiß – kräftig an der leine ziehen lässt
und bei seinem aufgeregten verhalten mitspielt.
man kann doch dann von ihm nicht erwarten, dass er impulskontrolle an den tag legt und sich gesittet benimmt, oder?
(mehr zum thema impulskontrolle und wie man die aufbauen kann, gibt es demnächst im neuen (kostenlosen) webinar „chill doch mal“.)
was man vom hund erwarten kann oder nicht, das wollen wir uns gleich mal genauer anschauen:
aktivmodus
im haus (oder bei der fahrt im auto) ist der hund üblicherweise im ruhemodus.
soll heißen: er ist entspannt, er ruht und hat daher einen niedrigen grad an körperlicher erregung.
wie das beim ruhen oder schlafen eben so ist.
wenn der körper auf aktivmodus umschaltet und sich darauf vorbereitet,
sich nun zu bewegen, diverse eindrücke zu verarbeiten und etwas zu unternehmen,
dann braucht er dazu etwas mehr „strom“, also steigt der erregungspegel ein wenig an.
so weit, so normal.
kein hund wird dösend vor die tür gehen.
der anstieg an erregung sollte aber relativ gering sein und nicht dazu führen,
dass der hund total hochfährt, rumhüpft und hibbelig wird.
das wäre dann eindeutig zu viel erregung mit all ihren ungemütlichen nebenwirkungen
(überschießendes verhalten, unansprechbarer hund etc.)
wenn die ersten schritte aus dem haus hinaus oder im neuen gelände zu deutlich merkbarer anfangsaufregung mit unruhigem verhalten führen, dann stimmt irgendwas nicht.
echte oder gelernte aufregung?
dann ist entweder der normale (chronische) erregungspegel des hundes so hoch,
dass schon das bisschen extra aufregung durchs rausgehen in hektisch werden lässt.
wenn nämlich im körper zu viele stresshormone vorhanden sind
(nichts anderes reguliert den erregungspegel und schaltet auf aktivmodus)
und bringt die zusätzliche aktivierungs durch rausgehen das system zum kippen
und macht den hund hektisch.
oftmals liegt es aber gar nicht daran.
die anfangsaufregung kann genauso gut ein eingelerntes ritual sein.
der hund hatte irgendwann früher mal zu viel aufregung beim rausgehen
und hat angefangen, die aufregung als teil des rausgehens abzuspeichern.
vor allem aber hat er sein aufgeregtes verhalten noch bestätigt bekommen –
durch aufmerksamkeit vom menschen, durch aufforderungen, doch ruhiger zu sein, etc. –
und geht nun davon aus, dass alles so seine richtigkeit hat.
er hat es nie anders gelernt.
wenn der hund dann generell wenig geduld hat,
wenn seine impulskontrolle auch in anderen situationen schwach ausgeprägt ist
oder er sie nie wirklich gefördert bekommen hat,
macht das die sache naturgemäß schlimmer.
ruhiger anfang
weitermachen wie bisher bringt dann natürlich nichts.
flehentliche appele an den aufgedrehten hund, doch mal langsmaer zu machen,
nicht an der leine zu zerren oder den menschen mal vorgehen und ausschau halten zu lassen,
fruchten in dem moment nichts.
was wir brauchen ist ein anderes „ritual“ für den start.
der hund muss überhaupt mal die erfahrung machen können,
dass das ganze auch anders und ruhiger abgehen kann – und dass sich das lohnt.
ein beispiel:
meine nicht ganz unkomplizierte labradorhündin wäre beim aufbruch zum spazierengehen gerne drauflosgestürmt
(was bei uns geht, weil es beim hoftor raus gleich in die freie natur und den wald geht und keine straßen da sind).
damit sie das nicht tut, haben wir als fixen ablauf aufgebaut:
aus dem tor rausgehen, stehenbleiben, warten und keksi kassieren.
dann ruhig ein stück ungefähr bei fuß laufen und erst dann im wald freilauf
(der dann schon ganz entspannt geht, weil die aufbruchsaufregung gar nicht stattgefunden hat).
anfangs muss man dabei meist etwas nachhelfen.
in meinem fall: wir gingen an der leine beim hoftor raus,
manchmal sogar in kombination mit sitz+bleib vor dem tor und nach dem tor.
wichtig ist nur, dass es überhaupt mal ruhig abgeht.
die einfachsten methoden dafür sind:
– vor dem spazierengehen erst mal 5-10 minuten schnüffel- oder denkspiele im haus oder garten machen
– vor der ausgangstür ein paar kekse streuen, danach auch gleich wieder
– ruhiges sitzen und bleiben im vorzimmer zu jeglicher tageszeit (auch ohne rausgehen!) üben
das wichtigste: das ruhige verhalten des hundes auch belohnen!
und zwar schon bevor er noch was weniger ruhiges machen kann.
warum das überhaupt alles wichtig ist?
mehr gelassenheit
die anfangsaufregung macht nicht nur den start und die ersten meter ungemütlich,
sie bestimmt auch die tonlage für die darauffolgende aktivität.
wer schon aufgeregt losstartet, wird sich auch unterwegs viel leichter aufregen.
begegnungen mit anderen hunden oder menschen, neue eindrücke und erlebnisse
werden so alle viel schwieriger.
wer allerdings schon ruhig startet, dem fällt die gelassenheit auch danach viel leichter.
und das wollen wir doch…