es ist eine der wichtigsten grundregeln für hundebegegnungen:
man soll soviel abstand halten, dass beide hunde mit der begegnung keine probleme haben
und sie ruhig und einigermaßen gelassen bewältigen können.
das ist auch vollkommen richtig und wichtig so.
wenn ein hund begegnungen an der leine aber sehr aufregend oder schwierig findet, bringt einen das alleine nicht weiter.
die betonung liegt auf „das alleine“ nicht.
natürlich brauchen wir anfangs auch den abstand.
aber es müssen eben auch andere faktoren berücksichtigt und ins training integriert werden,
will man im lauf der zeit hundebegegnungen auch anders absolvieren können.
schließlich will man nicht ein hundeleben lang dutzende meter abstand halten,
sich ins gebüsch oder den acker schlagen und doch permanent die sorge haben müssen:
was ist, wenn ich mal nicht ausweichen kann?
der normale alltag kommt dem abstand halten nicht unbedingt entgegen:
mal ist es echt beengt, mal hat man’s eilig,
mal ist es einem zu blöd, womöglich umdrehen zu müssen für ausreichend abstand
und in seltenen fällen aber doch biegt tatsächlich mal der unvermittelte hund direkt vor einem um die ecke.
das ist übrigens in der regel das große problem:
wir versuchen im alltag begegnungen irgendwie zu meistern –
ohne separates training mit gezielt aufgebauten übungssituationen –
und das klappt mal besser und meist schlechter,
jedenfalls aber nie konsistent gut genug, dass der hund dabei fortschritte erreichen könnte.
warum begegnungen so schwierig sind, welche unterschiedlichen motive die hunde dabei haben,
welche tipps jedenfalls wichtig sind, dazu finden sich ausführlichere infos im e-book „hilfe, da kommt ein hund“, das du hier runterladen kannst (kostenlos):
wir wollen uns hier nun spezifischer das thema abstand halten bei hundebegegnungen anschauen und was genau da noch fehlt:
1. kritische distanz
abstand ist nicht gleich abstand für den hund.
wir können nicht sagen, der hund braucht jedenfalls 12 meter abstand, dann ist alles gut.
denn das hängt ab von seiner tagesverfassung, von den erlebnissen beim aktuellen spaziergang
und ganz wesentlich auch vom anderen hund.
um mit dem abstand sinnvoll umzugehen – und ihn dann nämlich irgendwann auch reduzieren zu können –
muss man den eigenen hund gut lesen und den anderen im auge behalten.
vor allem aber:
man soll nicht schon sofort in der wahrnehmungsdistanz reagieren, das wäre zu früh.
jedenfalls aber darf man nicht erst in der reaktionsdistanz einschreiten, das ist eindeutig zu spät.
wenn der hund sich schon anspannt oder starrt, hilft auch das schnell noch auf abstand wegziehen oder -gehen nicht mehr viel.
es braucht feingefühl (oder genaue, kleinschrittige anleitungen) für die arbeit mit der richtigen distanz.
kleiner tipp: die allermeisten sind zu spät dran und halten nicht genug abstand.
daher gelingt das reduzieren des abstands dann auch nie wirklich.
2. unterschiedliche motive
im wesentlichen haben hunde zwei sehr unterschiedliche motive für die aufgeregte reaktion bei hundebegegnungen:
unsicherheit oder überdrehtheit (manchmal auch angelernte).
sie brauchen daher auch zwei unterschiedliche dinge:
sicherheit oder gelassenheit.
es bringt wenig, mit dem hund groß gelassenheit üben zu wollen, solange er sich unsicher fühlt
und daher gar nicht gelassen sein kann.
genauso braucht man mit dem hund nicht groß an seiner selbstsicherheit arbeiten
und ihm nur ja viel abstand zum anderen lassen, wenn ihn das nur zusätzlich frustriert,
weil er eigentlich mit dem anderen hund kontakt möchte
und erst lernen muss, dass er dieses ziel nur mit ruhigem verhalten erreicht.
für den unsicheren ist es eine bestrafung, wenn der abstand zum anderen (zu früh) reduziert wird.
für den überdrehten ist es eine belohnung, wenn der abstand zum anderen reduziert wird.
da muss man schon wissen, was mit dem eigenen hund los ist
und mit diesen belohnungseffekten gezielt umgehen.
3. gezielte belohnung
was uns gleich zum nächsten thema bringt:
der belohnung im genau richtigen moment –
und mindestens so wichtig dem unterlassen von ungewollter belohnung im falschen moment.
denn natürlich gilt auch bei hundebegegnungen, was sonst in der hundeerziehung gilt:
jede form von aufmerksamkeit stellt eine belohnung für den hund dar.
wer also dem hund das bellen mit „still, aus“ untersagen möchte,
wer auf das zerren an der leine zum anderen hund mit „laaaangsam“ reagiert
oder leckerchen vor der hundenase als versuchte ablenkung schwenkt,
belohnt immer weiter das unerwünschte verhalten.
bei hundebegegnungen geht es noch mehr als sonst darum,
das timing richtig zu erwischen:
dann zu reagieren und belohnen, wenn der hund noch ruhig und locker ist,
nicht erst dann, wenn die leine schon spannt und er den anderen fixiert.
nicht vergessen: belohnungseffekte kommen bei begegnungen auch aus der umwelt.
wenn der andere die flucht ergreift, weil mein unsicherer hund ihn anbellt und pöbelt,
hat der damit natürlich auch seinen belohnung erreicht!
4. nötige grundlagen
auch im großen zusammenhang könnte man vom richtigen (oder falschen) timing sprechen.
wenn ich nämlich mit der hundeerziehung erst im moment der begegnung einhaken will,
ist das zu spät und kann nicht funktionieren.
vielleicht stört es einen sonst weniger,
wenn der hund nicht verlässlich hört und öfter mal unaufmerksam ist,
wenn er an gelegentlich an der leine zieht oder ungeduldig ist.
spätestens bei einer hundebegegnung (oder anderen aufregenden situationen) rächt sich das aber.
dem hund fehlen zentrale grundlagen, die er aber für gelassenes verhalten bei begegnungen brauchen würde:
er hat nie die nötige selbstbeherrschung oder geduld gelernt – die würde für leinenführigkeit oder warten können schon brauchen.
er weiß gar nicht richtig, was von ihm erwartet wird (ansprechbarkeit, lockere leine,….)
und weiß das erst recht nicht mehr, wenn ein anderer hund auftaucht.
ohne die nötigen grundlagen haben auch wir menschen nicht das nötige „werkzeug“,
um den hund locker durch eine begegnung schleußen zu können.
5. systematisches training
wer glaubt, aufregende hundebegegnungen allein dadurch in den griff bekommen zu können,
dass man im alltag immer dann, wenn es halt einigermaßen geht, abstand hält,
kann nur enttäuscht werden.
meistens wird die sache im lauf der zeit sogar schlimmer.
der hund müsste schrittweise in einem für ihn logischen aufbau begegnungen üben
und dabei erfolgserlebnisse sammeln können.
das geht nun mal am besten dann, wenn man ein paar wochen üben investiert
und sich die passenden übungssituationen sucht,
um auf einen grünen zweig zu kommen.
ist ein grundstock an positiven erfahrungen gelegt und – ganz wichtig:
hat der hund erst verstanden, was denn bei begegnungen von ihm erwartet wird,
steckt er danach alltagsbegegnungen, die nicht ganz ideal ablaufen, besser weg.
und dann erst kommt man dem näher, was man eigentlich möchte:
allmählich keinen so großen abstand mehr halten zu müssen,
gelassen an anderen hunden vorbeigehen zu können
und entspannte spaziergänge zu haben.
ps: eine anleitung fürs systematische training gibt es zum beispiel bei „schluss mit leinenpöbeln“