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by brigid

Mai 14, 2023

impulskontrolle hund

immer wieder bemühen sich menschen, an der impulskontrolle ihres hundes zu arbeiten, wenn sie es mit der einen oder anderen form von unterwünschtem und heftigem verhalten zu tun haben.

wenn der hund bellt oder an der leine zerrt, kriegt man ja auch oft zu hören:
der hund braucht bessere impulskontrolle. 

manchmal ist das völlig richtig.
andere mal aber gar nicht.

da wird dann eifrig mit übungen zur impulskontrolle gearbeitet,
das verhalten wird dadurch nicht besser,
und dann denkt man: es braucht noch mehr üben für mehr impulskontrolle.

schade um das viele vergebliche üben,
wenn das thema gar nicht die impulskontrolle ist!

nehmen wir ein beispiel:
der hund reagiert mit leinezerren oder sogar bellen auf einen anderen hund.

impulskontrolle hund
schlechte impulskontrolle, oder?

kann sein.
kann aber auch eine von drei anderen ursachen sein
(das gilt auch für andere beispiele, wie bellen am zaun oder besucher anspringen oder….).

bevor wir zu diesen ursachen kommen, noch ein kurzer tipp. wie man hundebegegnungen besser hinkriegt, ist demnächst thema im webinar „der schlüssel für entspannte hundebegegnungen“, für das du dir gleich hier deinen platz reservieren kannst (kostenlos):

1. falsche information

es gibt genug hunde, deren impulskontrolle völlig in ordnung ist.
die aber glauben, ihr heftiges verhalten „gehört halt so“.

sie haben ihr bisheriges leben lang nichts besseres gelernt
und sehen sich durch ihren menschen noch bestätigt oder sogar angefeuert.

wenn beim anblick eines entgegenkommenden hundes
(oder beim klingeln der türglocke oder…)
der mensch sich selber anspannt,
wenn das gebell oder vorschießen des hundes mit ablenkversuchen oder lauten signalen bedacht wird,
dann kann der hund das nur als bestärkung verstehen.

vor allem aber: er hat meist nie was anderes gezeigt bekommen
und hat schlicht keine ahnung, was er in der stituation denn sonst noch machen könnte.

das unerwünschte verhalten ist aufgrund falscher information an den hund ritualisiert
und läuft deswegen jedesmal wieder so ab –
obwohl der hund durchaus auch anders könnte und die nötige impulskontrolle hätte.

2. anhaltender erfolg

nicht vergessen darf man,
dass der hund mit dem unerwünschten verhalten auch jedesmal erfolg hat –
meist auch dann, wenn der eigene mensch versucht, das zu ignorieren.

bleiben wir beim beispiel hundebegegnung:
der hund zerrt und bellt, weil er zum anderen hund hinmöchte –
und siehe da: der kommt auch immer näher
(was bei begegnungen mit entgegenkommenden hunden nun mal so ist).

erfolg!
der abstand zum anderen ist wie gewünscht kleiner geworden.

noch größer fällt der erfolg aus,
wenn der hund dann auch tatsächlich kontakt haben darf
oder wenn man ihn möglichst rasch von der leine und zum anderen hund hinlaufen lässt,
damit das gezeter ein ende hat.

auch im umgekehrten fall hat der hund seine erfolgserlebnisse:
er mag den anderen hund nicht und pöbelt, um ihn sich vom leib zu halten.
das gepöbel wird immer heftiger, wenn der andere näher kommt –
und wenn es am heftigsten ist, stellt sich endlich der erfolg ein,
weil der andere hund nun weiter geht und „die flucht ergreift“.

bei jedem unerwünschten verhalten, das man selber tunlichst nicht bestätigt,
versteckt sich irgendwo eine umwelt-bestätigung, die dem hund den gewünschten erfolg bringt
und damit das verhalten am leben erhält.

hätte der hund die nötige impulskontrolle für eine gelassene hundebegegnung?
wenn er die mal gelernt hat oder wenn der abstand anfangs etwas größer ist, oftmals schon.

er müsst nur mal die erfahrung machen können,
dass ein anderes als das pöbelnde verhalten genauso (oder sogar noch schneller) zum erfolg führt.

(mehr dazu dann beim webinar „der schlüssel für entspannte hundebegegnungen“)

3. konditionierte aufregung

ungestümes oder hektisches verhalten entsteht anfangs aus einer realen aufregung,
aus überforderung oder stress des hundes, wenn er etwas noch nicht kennt
oder wenn er noch nicht weiß, wie er damit umgehen soll.

wiederholt sich das regelmäßig, kann sich das aber „automatisieren“.
der hund verknüpft die jeweilige situation mit aufregung, weil es immer so lief.

in der lerntheorie bezeichnet man das als „klassische konditionierung“.
dabei wird eine gefühl oder eine unwillkürliche (!) reaktion abgespeichert
und in folge ein verhalten automatisch abgespult
(wie bei pawloschen hunden, die mit sabbern auf ein glockensignal reagierten).

der hund reagiert auf eine bestimmte situation  daher auch mit aufregung,
wenn der ursprüngliche stress schon längst weg ist
oder er bereits wunderbar mit der situation klar kommen würde.

impulskontrollübungen bringen dabei herzlich wenig,
weil ja nicht die mangelnde impulskontrolle das problem ist.

der hund kann unmittelbar davor oder unmittelbar danach die beste impulskontrolle haben.
doch in der spezifischen situation schlägt das abgespeicherte programm „aufregung!“ zu.
das lässt sich zwar „umprogrammieren“ – mit etwas geduld und management –
aber eben nicht mit impulskontrollübungen.

bevor man daher mit dem hund anfängt, viel üben in die impulskontrolle zu investieren,
ist man gut beraten, zuerst immer mal den stresspegel zu überprüfen
(weil ein überdrehter hund keine gute impulskontrolle haben kann)
und dann zu überlegen, ob nicht eine der hier genannten ursachen hinter dem unerwünschten verhalten steckt.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.