wenn ein hund aufreitet – egal ob an einem anderen hund oder bei einem menschen – erzeugt das meist ein ziemliches unbehagen beim menschen.
hauptsächlich, weil man das verhalten nicht recht einordnen kann
und weil die zwei gängigsten erklärungen nichts gutes verheißen.
einerseits heißt es, der hund macht das, um dem anderen seine dominanz zu zeigen.
er besteigt ihn sozusagen, um zu demonstrieren, wer der boss ist.
wer mag schon so einen rüpel von hund haben?
und wer möchte schon miterleben, dass der eigene hund einer derartigen machtdemonstration unterworfen wird?
zum glück ist diese erklärung quatsch.
daran ist alles falsch.
angefangen von einem modell an „rangordnung“, das längst widerlegt und überholt ist (mehr dazu hier).
bis hin zur vermeintlichen unterwerfung des widersachers durch besteigen.
die andere erklärung geht davon aus, dass aufreiten eine sexuelle handlung ist
und manche rüden die eben fehlgeleitet einsetzen.
nun stimmt es natürlich, dass beim fortpflanzungsakt der rüde auf der hündin aufreitet.
das erfordert in der regel aber eine läufige hündin, deren einverständnis und einen intakten rüden.
passiert das aufreiten in einem anderen kontext, dann stecken keine sexuellen bedürfnisse dahinter.
(stichwort bedürfnisse: wie man mit den echten bedürfnissen der hunde am besten umgeht, welche die wirklich sind und welche wir schon mal übersehen, damit beschäftigen wir uns demnächst in einem neuen (kostenfreien) webinar „bedürfnisgerecht: was heißt das wirklich?“, zu dem du dich gleich hier anmelden kannst:
beide gründe werden erst recht absurd, wenn man bedenkt,
dass hunde ja nicht nur bei anderen hunden aufreiten,
sondern es schon mal vorkommen kann, dass ein hund sich an ein menschenbein hängt und rammelbewegungen vollführt.
die gründe fürs aufreiten
wenn das aufreiten also weder sexuell bedingt noch ein rangordnungsverhalten ist, was steckt dann dahinter?
dafür gibt es zwei sehr häufige gründe und einen eher seltenen.
1. stress
am häufigsten kommt das aufreiten bei hunden dann vor, wenn einer oder beide der hunde sehr aufgeregt sind.
manchmal spielen sie erst noch und toben rum, das spiel wird immer wilder, bis einer dann aufreitet.
oder es kommt zu einer begegnung zwischen hunden, wo nicht beide sozial souverän sind und die daher sehr angespannt verläuft.
auch da kann es passieren, dass einer dann versucht aufzureiten.
die ursache ist dann jedesmal der hohe erregungspegel,
meist steckt eine gehörige portion chronischer stress dahinter
und kommt dann eine aufregende situation dazu, kippt der hund in extremere verhaltensweisen wie das aufreiten.
stress ist auch dann die ursache, wenn der hund beim menschen aufreitet.
wenn es nicht schon zu einem anderen verhalten geworden ist….
2. aufmerksamkeitsheischendes verhalten
weil das aufreiten oder gar rammeln den menschen so peinlich ist,
schreiten sie meist sehr schnell ein und versuchen, den hund davon abzulenken oder sonstwie abzubringen.
ich werde nie den alten dackel im büro eines tierheimmitarbeiters vergessen, der das zur wahren kunst erhoben hat.
kamen mitarbeiter des tierheims rein, war der dackel brav.
nahm aber eine der älteren damen, die als patinnen oder spenderinnen aktiv waren, im besucherstuhl platz,
hing der dackel sofort an ihrem unterschenkel und rammelt drauf los.
dann nämlich wurde das büroherrchen ganz schnell aktiv,
schnappte sich einen kauknochen aus der untersten schublade
und lotste damit den dackel vom besuch weg.
der dackel hatte sein büroherrchen gut erzogen!
ein wenig rammeln und schon gab es einen kauknochen.
das kann einem mit dem eigenen hund auch schneller passieren als man denkt.
wenn der mal an einem besucher oder passanten vor lauter stress aufgeritten ist
und dabei die erfahrung macht, dass es dafür maximale belohnung gibt,
speichert er das unter umständen rasch ab und greift gern auf diese erfolgsstrategie zurück.
das aufmerksamkeitsheischende aufreiten beschränkt sich meist auf menschen als opfer.
es kann aber durchaus vorkommen, dass ein hund das auch bei einem anderen macht –
meist im eigenen haushalt und wenn es grade etwas aufgeregter zugeht –
wenn dann die menschen sofort einschreiten und belohnung dafür bieten.
3. imponiergehabe
in wenigen und seltenen fällen kommt das aufreiten unter hunden dann vor,
wenn der eine dem anderen gegenüber imponierverhalten an den tag legt.
betroffen davon sind meist junge rüden, oft (noch) nicht ganz so souverän in ihrem sozialverhalten,
meist auch mit einer gewissen portion stress im körper gekoppelt.
zum imponierverhalten gehört manchmal ja,
dem anderen die schnauze oder die pfote auf den rücken zu legen.
das kann sich bis zum „aufreiten“ steigern,
vor allem bei kleineren hunden, die sonst gar nicht an den rücken des anderen rankommen.
im unterschied zum aufreiten aus stress oder wegen falscher belohnung passiert das aufreiten in diesem kontext stark verlangsamt,
es kommen keine rammelbewegungen vor, die hunde sind eher steif und angespannt –
und es kann natürlich auch ungut ausgehen, wenn der andere hund sich das nicht gefallen lassen möchte.
wie reagiert man richtig?
was soll man nun als mensch tun, wenn es zum aufreiten kommt?
die hunde machen lassen? mit einem lauten brüller dazwischen gehen?
sich in grund und boden genieren?
devise nummer eins ist jedenfalls: ruhe bewahren.
egal, ob er hund aus stress, wegen imponiererei oder wegen der aufmerksamkeit aufreitet,
das ganze ist immer mit erhöhter anspannung verbunden und ie wollen wir keinesfalls noch vergrößern.
devise numer zwei wäre: ruhig dazwischengehen.
aufreiten und rammeln können dazu führen, dass sich der hund immer weiter in eine erregung reinsteigert
und das sollten wir vermeiden.
wir schauen daher, dass wir den hund so ruhig und beiläufig wie möglich vom aufreiten abhalten
oder ihn von seinem „opfer“ runterholen.
häufig kann es notwendig sein, ihn danach kurz räumlich zu trennen
(also 1 oder 2 minuten in einen anderen raum zu geben zum beispiel),
damit er nicht gleich wieder hochspringt.
ist stress die ursache, heißt es danach: recht dringend ein gutes anti-stress-programm angehen.
ist das verhalten aufmerksamkeitsheischend, muss man einen weg finden, den hund entweder direkt davor noch mit aufmerksamkeit fürs nicht-aufreiten zu bestätigen oder ihn am aufreiten physisch zu hindern.
wenn es einer der seltenen fälle von aufreiten bei einer angespannten hundebegegnungen ist,
dann möglichst ruhig dazwischen gehen (ja nicht laut oder heftig werden, sonst kippt die situation womöglich)
und die hunde auseinandernehmen und getrennter wege gehen.
da auch da oft übermäßige erregung beteiligt ist, sollte man überlegen, ob die situation einfach zu heiß gelaufen ist oder ein zusätzliches stress-thema angegangen werden sollte.
aufreiten ist jedenfalls kein drama, auch wenn es unsereins etwas unangenehm ist.
wie bei allem helfen eine vernünftige ursachenerforschung und eine ruhige reaktion darauf am besten.