wer hat noch nicht versucht, seinen hund mit einem langgezogenen „langsam“ dazu zu kriegen,
– nicht so stark an der leine zu ziehen
– auf den anderen hund nicht so zuzustürmen
– beim begrüßen eines menschen nicht so wild zu werden
– und und und
wir glauben ja, dass wir dem hund damit ein signal geben und der das dann (hoffentlich) befolgt.
hmm…
signal?
ein „signal“ definiert sich aber so:
es ist ein wort oder eine geste, das beim hund verlässlich ein bestimmtes verhalten auslöst.
dazu muss der hund dieses verhalten erstens schon kennen oder können
und zweitens muss er es mit dem signalwort oder der signalgeste verknüpft haben
und drittens muss sich danach ein gleichbleibendes ergebnis einstellen (erfolg oder misserfolg):
lerntheoretisch wär das die reihenfolge: signal → (erlerntes) verhalten → bestärkung/strafe.
erfüllt nun das wort „langsam“ diese kriterien?
in der regel nicht
es gibt kein eindeutig definiertes verhalten, das der hund damit verknüpft
(anders als beim signal „sitz“, wo der hund genau weiß, dass er sich hinsetzen soll).
es gibt auch kein gleichbleibendes ergebnis, falls der hund sein verhalten nach „langsam“ ändert.
wir haben dem hund das wort „langsam“ auch nicht eigens beigebracht,
damit er die verknüpfung aufbauen könnte.
ein echtes signal ist das „langsam“ also nicht.
später appell
dazu kommt:
in aller regel taucht das wort „langsam“ dann auf,
wenn der hund bereits zu schnell oder zu stürmisch drauf ist.
und uns das nervt, ärgert oder wir das bedürfnis haben,
jetzt irgendwas dagegen zu tun.
es ist also mehr appell, eine flehentliche bitte, ein verzweifelter ausruf…
der an die stelle von schimpfen und strafe tritt, weil wir die nicht anwenden wollen
(und wissen, dass wir das auch nicht sollen uns es nach hinten losgeht).
das zentrale problem dabei ist aber ganz was anderes:
wir sind viel zu spät dran und haben den geeigneten moment für eine sinnvolle intervention verpasst.
(mehr zu diesem thema und anderen fragen rund ums timing dann demnächst im (kostenlosen) webinar „profi-tipp: das richtige belohnen, im richtigen moment“, zu dem du dich gleich hier anmelden kannst:
wirkt es?
nun könnte das „langsam“ ja auch dann eine wirkung haben,
wenn es nicht korrekt als signal aufgebaut wurde.
die entscheidende frage ist ja immer: funktioniert es?
bei der möglichen wirkung gibt es drei varianten:
1. entspannung
fangen wir mit der günstigen variante an:
das „langsam“ wird ganz langgezogen und ruhig ausgesprochen,
der mensch atmet dabei tief aus und entspannt sich selber.
dadurch überträgt sich die entspannung auf den hund
und der wird tatsächlich etwas ruhiger oder eben langsamer.
bleibt die situation sonst unverändert und aufregend
(was ja das hohe tempo oder stürmische verhalten des hundes ausgelöst hat),
dann ist die wirkung naturgemäß von geringer dauer.
reicht einem der kurze moment der entspannung,
um die situation verlassen oder beenden zu können,
dann ist alles gut. das „langsam“ hat geholfen.
wo ich das schon mal verwende:
wenn zwei hund es gar nicht erwarten können, abgeleint zu werden
und der eine zu schnell auf den anderen zustürmen würde
(und ich keine möglichkeit habe, mit den beiden vorher 10 minuten gemeinsam spazieren zu gehen).
dann kann(!) das „langsam“ grade genug bremsen,
dass die begrüßung nicht zu wild abgeht.
2. anfeuern
kommt hingegen das „langsam“ vom menschen nicht mit großer entspannung –
und das tut es in der regel ja nicht – hat es die gegenteilige wirkung.
denn frust oder ärger oder ähnliche emotionen führen beim menschen zu anspannung
und stecken oft hinter dem dann hervorgestoßenen „langsam“.
ist die anspannung sowieso schon vorher hoch gewesen,
steigt sie noch weiter und der hund nimmt das als aufregung beim menschen wahr.
wohlgemerkt, ein sowieso schon aufgeregter hund!
das ist dann wie öl ins feuer gießen.
die aufregung vom menschen facht die aufregung des hundes weiter an
und er fühlt sich durchs „langsam“ noch weiter angefeuert
und gibt gas.
was wir ja eigentlich nicht wollten.
oft können wir das bei aufgeregten hundebegegnungen an der leine beobachten.
oder auch dann, wenn der hund bellt – etwa, wenn’s an der tür klingelt –
und wir das wort „langsam“ durch das wort „leise“ mit gleicher wirkung ersetzen:
der hund dreht noch mehr auf.
wo ich das „langsam“ daher nicht verwenden würde:
wenn der hund aufgeregt an der leine zieht
und der genervte mensch hinterher ihm ein „langsam“ zuruft,
kann das nur schief gehen.
(es sei denn das wird so laut gebrüllt, dass es als strafe wirkt,
der hund mal kurz eingeschüchtert reagiert und dann wieder gas gibt).
3. belohnung
damit kommen wir zur unangenehmsten weil unvermeidbaren wirkung des „langsam“.
sie tritt in jedem (!) fall ein, zusätzlich zu den beiden oben genannten varianten.
da aufmerksamkeit des menschen vom hund immer als bestätigung wahrgenommen wird,
wirkt das „langsam“ unvermeidlich als belohnung für das,
was der hund in diesem moment macht.
sein heftiges verhalten, das wir runterbremsen wollen, wird also automatisch belohnt.
unabhängig davon, was er danach macht.
wir riskieren sogar, dass der hund anfängt, es öfter zu machen,
eben um die aufmerksamkeit zu bekommen – der direkte weg ins aufmerksamkeitsheischende verhalten.
selbst, es nicht so weit geht und der hund nicht so schnell mit aufmerksamkeitsheischen anfängt,
bleibt dennoch noch die belohnung für das stürmische/schnelle verhalten über,
das wir ja nicht wollen.
sinnvoller wäre es daher, den richtigen moment zu finden
und dem hund das richtige feedback zu geben, statt ihn fürs falsche zu belohnen.
mehr dazu dann im webinar „profi-tipp: das richtige belohnen, im richtigen moment“