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by brigid

November 16, 2014

ich stelle jetzt mal eine gewagte behauptung auf und sage:  zwei drittel der trainingsprobleme haben ihre ursache in einem einzigen wort.

genau: EIN einziges wort.
vier buchstaben.

und unsere tendenz, es automatisch von uns zu geben. ohne nachzudenken, oft ohne überhaupt zu wollen. wie ein reflex.

erraten: das wort heißt NEIN.
kommt auch vor als NEEEEEIIIIINNNNN!!!!
oder ein kurzes scharfes nein!

die ersten beiden flutschen uns einfach so raus. weil wir nicht haben wollen, was grad passiert. eigentlich ist es eine emotion, die spontan ausgedrückt wird. „nein, bloß nicht das, das will ich doch gar nicht haben!“ so wie uns manches zum lachen bringt und anderes zum gähnen und eben einige dinge zur nein-reaktion.

was an sich nicht so schlimm wäre, wenn sie still ablaufen würde. wenn wir uns nein nur denken würden.
aber nein.

das nein will raus! laut und deutlich!
will sich an jemand richten, der damit auch gleich der addressat wird, schuld ist, dass da was nicht läuft wie gewünscht.

im hundetraining ist das dann blöderweise meist der hund.  und der ist der denkbar schlechteste empfänger fürs nein! er versteht es einfach falsch. in aller regel jedenfalls.

da springt der hund dich an und du reißt im reflex die arme hoch und sagst „nein!“  (runter oder pfui erfüllen den selben zweck).
und der hund denkt sich : oh fein,  mein mensch spielt und ist ein bissl aufgekratzt und spricht mit mir. juhuu!!!

oder du übst mit dem hund, in freifolge vorbei an einer ablenkung, sagen wir mal einem kaustangerl. du kommst zu knapp ran oder der hund ist einfach noch nicht so weit, startet los in richtung kaustangerl und du reagierst mit….

nein1

…und startest gemeinsam mit dem hund los richtung kaustangerl….

uiihhh! so ein lustiger wettlauf. ätsch, ich bin schneller (und kenn dich schon, du nimmst mir immer alles wieder weg, wenn ich nicht aufpass! also ganz schnell und dann nix wie weg)

oder der hund übt ein neues kunststück, kennt sich nicht aus und macht was falsch. und wieder: nein! verwirrung pur. entweder hört der hund ein „fein“ und macht das falsche weiter. oder die tonlage war eindeutig genug und das ganze kunststück ist dem hund vermiest. keinen bock mehr drauf. meideverhalten total.

die vier buchstaben heißen in hundesprache übersetzt fast immer so was wie „gut gemacht, weiter so!“ oder gar „bravo! aufregend ist es und lustig!“.

und du weißt ja:

aufmerksamkeit ist eine belohnung.
ansprache ist eine belohnung.
was belohnt wird, wird häufiger und stärker.

ergo lernt der hund genau das gegenteil von dem, was du wolltest.

oder aber der zweite effekt tritt ein. wie bei dem beispiel mit dem kunststückchen.  wenn das nein mit genügend „ladung“ rüberkommt, ist es simpel strafe. strafe verunsichert, verängstigt, blockiert das lernen und kann im schlimmsten fall traumatisieren. vor allem aber gibt es in den seltensTen fällen den gewünschten lerneffekt. stattdessen nur eine vorübergehende verhaltensunterdrückung, weil der hund ja eine auf den deckel gekriegt hat und erst mal vorsichtigerweise kaum was tut. was wir wieder als bestätigung dafür nehmen, dass das nein seine gewünschte wirkung gehabt hätte.

richtig wäre:
1. zeig dem hund, was erwünschtes verhalten ist (zum beispiel sitz statt anspringen)
2. belohn das richtige verhalten (mit aufmerksamkeit, lob, futter,…).
3. ignorier falsches verhalten völlig. (z.b. umdrehen und weggehen)
4. lass es erst gar nicht zu dingen kommen, die du nicht ignorieren kannst (wie zwiscken oder schnappen)

so weit, so simpel.

wären da nicht unsere unwillkürlichen reaktionen und emotionalen bedürfnisse. nein zu schreien, ist so was wie eine unwillkürliche lautäußerung und ein selbstbelohnendes verhalten des menschen.  sorry, das muss weg.  ein klarer fall für mehr impulskontrolle vom menschen. also brav üben, sich das zu verkneifen.

aber…hör ich dich jetzt einwenden…ich kann das nein doch auch als erlerntes abbruchsignal aufbauen! das ist dann doch in ordnung.

im prinzip ja. aber mal ganz ehrlich: wenn es ein erlerntes signal ist, dann muss es fürs richtige verhalten eine belohnung geben. kriegt dein hund die, wenn du nein gesagt hast?

und warum soll ich mir die mühe machen, dem hund ein unangenehmes signal beizubringen, wenn ich die selbe wirkung mit einem aufmerksamkeitssignal erzielen kann???  ein „schau zu mir“, auf das der hund freudig angedüst kommt, macht viel mehr spaß als ein nein! es kann auch ein entspanntes „weiter“ sein, dann braucht man auch kein abbruchsignal.

dahinter steht eine grundlegend unterschiedliche philosophie:

trainingsphilosophie 1 /nein:  kontrollieren, fehlersuche, fehler „korrigieren“ = strafen
trainingsphilosophie 2/ja:  bestärken, loben, das richtige sehen und sich drüber freuen.

wie würdest du lieber lernen? klar…

im training mit bestärkung suchen wir uns das raus, was der hund gut macht. wo wir ihn belohnen können. wir warten nicht erst drauf, dass ein fehler auftritt! damit kann das verhalten des hundes über belohnung geformt und entwickelt werden. und das macht einfach mehr spaß. wenn wir das konsequent aufbauen, treten viele trainingsprobleme erst gar nicht auf!

es ist halt ungewohnt. weil wir selber in der schule meist noch mit training durch fehlersuche lernen mussten. schulabeit abgeben und nein! falsch! fehler!. igitt!  macht das lernen weder lustvoll noch besonders erfolgreich.

studien übers clicker-training – das ist ja die training durch bestärkung in absoluter reinkultur – haben übrigens gezeigt, dass der lerneffekt deswegen so rasch und gut klappt, weil die freudige erwartung durch den click die gehirnchemie sehr lernfreundlich verändert.

also lass dir die macht des JA!!! RICHTIG!!! nicht entgehen. das gute wird siegen!

wende dich ab von der dunklen macht des NEIN!

starwars

möge die macht des ja mit euch sein! 🙂

ps:  ich wär jetzt echt neugierig auf deine kommentare oder erfahrungen…. die diskussion gibt’s auf facebook.
teil den blog doch, dann können deine freundInnen mitdiskutieren!

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.