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by brigid

Dezember 13, 2020

online hundeschule

können hunde mit buzzern wirklich sprechen lernen, nämlich in menschensprache, oder ist das alles nur ein trick?
seit die videos der „sprechenden“ hündin stella haben für einiges aufsehen gesorgt.
man sieht darin, wie die hündin buzzer (also signalknöpfe) drückt, die ihr frauchen, die amerikanische logopädin christina hunger, mit wörter besprochen hat, und sich auf diese weise mitteilt.  angeblich sogar in eigenen wortkombinationen, die sie kreativ nutzt.
können das alle hunde lernen? vielleicht auch deiner?

online hundeschule

der wunsch, in unserer eigenen sprache mit tieren reden zu können, ist vermutlich so alt wie die menschheit.
mich jedenfalls hat an weihnachten immer die eine geschichte am meisten fasziniert:
dass angeblich in der weihnachtsnacht die tiere im stall sprechen und wer sie belauscht, kann daraus erfahren, wie das nächste jahr wird.
leider konnte ich mich nie davon stehlen, um das zu überprüfen.
(und meine pferde und schafe heutzutage sagen in der weihnachtsnacht auch nicht mehr als jede andere nacht des jahres).

mit tieren reden

nun ist es eigentlich gar nicht so schwer, mit tieren zu reden.
sie verstehen uns meist recht gut, sogar unsere wörter, die ihnen sagen „sitz“, „warte“, „geh weiter“ etc.
sie kommunizieren auch intensiv mit uns, wenn wir bereit sind, ihnen zuzuhören.
wir dürfen uns eben nicht drauf versteifen, dass sie in menschensprache und in wörtern sagen, was sie wollen.
mit ihrem ausdrucksverhalten, ihrer körpersprache und mimik sind sie aber äußerst beredt!

ich hoffe ja, dass niemand, der sich fürs buzzern interessiert, das macht, damit der hund klartext redet,
und man sich nicht erst lange mit der hundesprache auseinandersetzen muss.
das wäre absolut fatal.

oder sagen wir mal so: wer einem hund erst beibringen muss, mit dem buzzer für „müde“ oder für „angst“ mitzuteilen,
dass er sich fürchtet oder schon müde ist,
der sollte seine einstellung zur hundehaltung nochmal gründlich überdenken.

für die kommunikation mit dem hund sollten wir besser das naheliegende nutzen:
die hundesprache und das verständnis der hunde für unsere körpersprache und ausgewählte wörter.

natürlich kann man dann dem hund zum spaß oder für ausgewählte fälle das buzzern ebenfalls beibringen.
einerseits bietet es jedenfalls geistige auslastung für den hund,
andererseits kann es recht praktische anwendungen geben.

ich denke zum beispiel an meine kleine alte hündin mit ihrer schwachen blase,
die ihre ganzen bisherigen 16 jahre lang nie gemeldet hat, wenn sie raus musste.
es hat halt die mehrmals täglich immer gereicht.
da wär doch praktisch, wenn sie über den buzzer meldet, wenn sie zwischendurch raus muss
(ob sie’s dann machen würde, steht wieder auf einem ganz anderen blatt!)

ein paar wörter zu erlernen, ist auch gar nicht so schwer.
das schafft mit dem richtigen trainingsaufbau jeder.
(du kannst es gern ausprobieren. im kurzkurs „buzzer & wörter“ erlernt dein hund  4 vokabel und du die grundlagen des trainingsaufbaus).

grundlagen des buzzerns

die basis für das „sprechen“ durch drücken von buzzern wird über die bekannten lernmechanismen der verknüpfung aufgebaut.
der hund lernt also, einen bestimmten buzzer zu drücken, um ein bestimmtes ergebnis zu erreichen.

der hund lernt also, wenn ich den blauen buzzer drücke, dann gibt mir mein mensch futter.
wenn ich den gelben buzzer drücke, dann lässt er mich zur tür raus.
wenn ich den weißen buzzer drücke, dann gibt’s ein spiel mit dem schnüffelteppich.

der hund baut eine assoziation zwischen einem buzzer und seiner bedeutung für ihn.
dass der buzzer dabei in der stimme seines menschen ein wort sagt, ist für den menschen wichtiger als für den hund
(und ist erst im späteren trainingsaufbau notwendig).
schließlich muss der mensch ja richtig reagieren und sieht nicht immer, welchen buzzer der hund gedrückt hat.
wenn er das wort hört, kennt der mensch sich aber aus.

für den hund ist viel wichtiger, dass er die buzzer gut unterscheiden kann.
mit farben wie im beispiel oben kommt man natürlich nicht weit, weil hunde nur blau, gelb, und hell/dunkel unterscheiden können.
man könnte die buzzer mit verschiedenen symbolen unterscheidbar machen (was für augenorientierte hunde ganz gut klappt),
die meisten merken sich aber einfach die position des buzzers im vergleich zu den anderen:
also links oben ist futter, rechts außen ist schnüffelteppich und unten in der mitte geht’s zur tür raus.
bei mehr als drei oder vier buzzern ist das schon eine beachtliche gedächtnisleistung!

wie viele buzzer ein hund mit wörtern verknüpfen kann?
das lässt sich nicht wirklich beantworten.
wir wissen, dass hunde ein paar dutzen wörter des menschen unterscheiden können.
ob sie genausoviele auch als buzzer abspeichern und sich deren anordnung merken können, ist bislang unbekannt.
die eingangs genannte hündin stella jedenfalls nutzt inzwischen an die 40 buzzer.

echte kommunikation?

können hunde wirklich lernen, die buzzer für echte kommunikation zu nutzen,
und wie behauptet wird, eigenständige wort-kombinationen zu entwickeln und sich kreativ mitzuteilen?

hmmm. warum nicht?
ich finde die möglichkeit total spannend, bin mir aber nicht sicher.
(und wenn jemand von euch erfahrungen dazu kennt, dann bitte immer her damit!)

es wird wohl nicht lang dauern, bis ein hund die kombi „futter, jetzt, fleisch“ drauf hat,
um mitzuteilen, dass er bitte jetzt was gutes zu fressen haben will.
und ehrlich: ich wette, der eine oder ander dem futter zugeneigte vierbeiner würde das am liebsten den ganzen tag lang buzzer.

schwieriger stelle ich mir schon einen satz wie
„ich möchte meinen kumpel charlie im wald treffen und suchspiele machen“
(das wäre dann wohl in buzzern „wald“ „charlie“ „laufen“ „suchen“ „heute“).
da geht es nämlich nicht bloß um ein aktuelles bedürfnis („futter“, „raus“), sondern gleich um mehrere
und vermutlich braucht das auch eine art projektion in die zukunft.

ob hunde überhaupt so weit reflektieren können, dass ihnen sogar aussagen wie
„heute möchte ich charlie nicht treffen, bin zu müde zum toben“ möglich sind,
(in buzzern: „nicht“ „charlie“ „heute“ „müde“ „nicht“ „laufen“),
das bezweifle ich ehrlich gestanden.

auch, wenn ich es cool fände.

achtung nebenwirkungen

wenn man die buzzer nicht nur zur geistigen auslastung verwenden,
sondern dem hund wirklich eine weitere möglichkeit zur kommunikation im alltag geben möchte,
dann muss man dafür sorgen, dass die buzzer dem hund jederzeit zur verfügung stehen.

und – wichtig! – dass der mensch auch jederzeit auf die kommunikation adäquat reagiert!
sonst tritt nämlich das phänomen der „löschung“ ein.
wenn der hund x-mal auf den buzzer „raus“ drückt und die tür bleibt zu, hört er ja bald wieder auf damit.

da haben wir nun ein problem.

wir können ja dem futtergierigen hund nicht dauernd futter geben,
nur weil er alle 5 minuten buzzert „futter“.
(und ihr wisst ja: es gibt genügend hunde, die wirklich nicht wissen, wann sie satt sind und dies ich kugelrund futtern würden).

viele hunde haben sowieso eine tendenz zum aufmerksamkeitsheischendem verhalten
(und uns damit recht gut im griff, auch wenn wir’s ihnen unabsichtlich beigebracht haben).
ist vielleicht nicht das schlaueste, diesen hunden auch noch buzzer zur verfügung zu stellen,
mit denen sie jederzeit nicht nur unsere aufmerksamkeit bekommen,
sondern auch vieles oder gar alles, was sie sich er-buzzern.

schließlich sind die buzzer (wie auch das freie formen beim clickern) aus hundesicht ja nichts anderes wie
„ich muss nur xy tun, damit bei meinem menschen das gewünschte verhalten ausgelöst wird“.
sprich: damit er tut, was ich will.

andererseits ist das auch das bestechende an der sache (für mich jedenfalls):
der hund bekommt ein mittel, wie er eine situation steuern kann.
für viele und insbesondere für unsichere hunde kann das eine wichtige erfahrung sein.
(gelegentlich jedenfalls. deswegen muss der mensch ja nicht 24 stunden des tages auf abruf stehen).

die positivste nebenwirkung des buzzerns und der diskussion darüber sehe ich aber beim menschen:
je mehr wir erleben, wir intelligent unsere vierbeiner sind,
je mehr wir darauf eingehen, was sie sich wünschen und was sie nicht mögen (und sei es mittels buzzern),
desto mehr respekt haben wir vor dem wunderbaren lebewesen, das uns auf seinen vier pfoten durchs leben begleitet.
und das ist gut!

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.