weder die anforderungen der hundeerziehung noch der alltag in der menschenwelt tragen automatisch dazu bei, das selbstvertrauen des hundes zu stärken. eher im gegenteil.
nicht weil hundeerziehung grundsätzlich schlecht ist.
auch nicht, weil es um veraltete methoden geht (die sind natürlich nochmal ein problem für sich).
sondern weil es immer wieder darum geht
a) die eigenständigkeit des hundes einzuschränken
b) unerwünschtes verhalten zu unterbinden
c) den konflikt zwischen hundeinteressen und menscheninteressen für sich zu entscheiden.
damit haben wir ein dilemma.
denn einerseits ist vieles davon notwendig,
andererseits wollen wir natürlich dem hund ein selbstsicheres und souveränes leben ermöglichen.
ich schaff das!
selbstvertrauen ist kein luxusproblem für den hund,
auch wenn in der hundeerziehung nicht oft davon die rede ist.
für das leben deines hundes ist es eine zentrale frage:
fühlt er sich grundlegend sicher?
traut er sich selber zu, mit dem eigenen leben klar zu kommen?
geht er offen und vertrauensvoll auf neues zu?
davon hängt für deinen hund hab, ob er sich wohlfühlt und eine positive lebenseinstellung hat.
oder aber ob er im dauerstress ist und immer ein wenig misstrauisch durchs leben geht.
erst recht gilt das für unsichere hunde!
ihnen fehlt es ja bereits an selbstsicherheit und alles, was das selbstvertrauen weiter untergräbt, ist ein riesenproblem.
sie brauchen im gegenteil alles nur erdenkliche, um selbstsicherheit aufbauen zu können,
um in ihrem selbstbewusstsein gestärkt zu werden.
hunde unterscheiden sich ja erheblich in ihrer selbstsicherheit.
das ist teilweise veranlagung,
teilweise eine frage der ersten lebenswochen (auf die wir üblicherweise keinen einfluss haben)
und hängt von den erfahrungen in ihrem leben ab.
damit sind nicht nur die großen schlüsselerlebnisse und womöglich traumatischen erfahrungen gemeint.
in summe prägen die täglichen erfahrungen das selbstvertrauen des hundes mindestens genauso stark.
oder untergraben es eben, wie es leider nur allzu leicht passiert.
hier sind 4 dinge, die im alltag dauern vorkommen (wenn man nicht aufpasst), die für die selbstsicherheit des hundes ziemlich abträglich sein können, und ein paar tipps dazu, wie du das vermeidest:
1. korrekturen
was machst du, wenn dein hund was verkehrtes tut?
wir korrigieren das.
überleg nur, wie oft du das wort nein deinem hund gegenüber verwendest!
das ist ja nichts anderes als eine form der korrektur.
korrektur kann nun alles mögliche bedeuten: vom sanften „nein“ bis zur heftigen prügelstrafe umfasst das theoretisch alles.
nicht nur letztere ist aber ein problem!
stell dir nur vor, dein alltag voller momente ist, wo dir jemand sagt:
„nein, falsch, das ist verkehrt, stell dich nicht so blöd an,…..“
wenn du immer wieder das gefühl hast, dauernd alles falsch zu machen, kannst du gar kein selbstvertrauen entwickeln.
wie auch, du machst ja offenbar nur fehler.
genau das passiert uns natürlich nur allzu oft (wenn wir nicht bewusst gegensteuern):
solange der hund nichts verkehrt macht, reagieren wir nicht weiter.
aber wehe, es läuft was nicht so, wie wir das wollen!
dann kriegt er sofort alle aufmerksamkeit von uns und den klaren hinweis, dass das falsch ist.
mein tipp:
konzentrier dich auf alles, was dein hund richtig macht und lob ihn dafür!
es gibt viele gute gründe für rein positive erziehungsmethoden,
einer davon ist jedenfalls, dass damit das selbstvertrauen des hundes wächst.
(was du dann mit den unerwünschten verhaltensweisen machst?
da gilt die faustregel:
dem hund rechtzeitig das richtige beibringen und belohnen.
das unerwünschte ignorieren oder aber verhindern, dass es so weit kommt.)
2. überforderung
nicht machbare aufgaben gestellt zu bekommen und daran naturgemäß scheitern, das untergräbt das selbstvertrauen natürlich.
häufig ist uns aber gar nicht bewusst, wie oft wir unseren hund genau in diese lage bringen.
wir verlangen aufmerksamkeit von ihm dann, wenn es garantiert grad nicht geht
(30 sekunden später sähe die sache vielleicht schon anders aus).
wir erwarten uns einen funktionierenden rückruf auch dann, wenn ein anderer hund auftaucht
(und haben den rückruf selber außerhalb des gartens noch kaum geübt).
der hund soll ruhig auf seinem platz liegen und bleiben, wenn besuch zur tür rein kommt
(dabei klappt das „bleib“ auch ohne ablenkung noch keine 30 sekunden).
und so weiter.
für uns fühlt es sich ja meist so an, als würden wir scheitern, nicht der hund.
doch für den ist es genau das selbe: er kann eine anforderung nicht erfüllen,
er scheitert an einer aufgabe.
und er kriegt natürlich mit, dass wir als menschen damit unzufrieden sind.
oder uns ärgern.
oder unserem ärger ziemlich deutlich luft machen. dem hund gegenüber.
jedes mal sinkt das vertrauen, die dinge richtig hinzukriegen, ein wenig.
mein tipp:
achte genau darauf, was du von deinem hund verlangst und was er wirklich schaffen kann.
verlang nur, was wirklich geht und lob ihn tüchtig dafür.
dann kann er an den aufgaben wachsen und schrittweise auch schwierigeres schaffen.
3. verwirrung
die meisten hunde wollen es ja „richtig“ machen und strengen sich wirklich an, unsere anerkennung zu verdienen.
was nicht so leicht ist,
weil nämlich bei weitem nicht immer klar ist, was denn nun „richtig“ ist.
beim einen menschen werden sie fürs hochspringen gelobt, beim anderen gibt es schimpfe.
das eine mal kriegen sie vom tisch was ab mit betteln, das nächste mal werden sie dafür erbost auf ihren platz geschickt.
den einen tag dürfen sie fröhlich an der leine ziehen, am nächsten geht es damit frustrierenderweise nur gelegentlich weiter.
der alltag mit dem menschen ist etwas, was den hund oft vor ein unlösbares rätsel stellt.
wie soll man regeln einhalten, wenn sie nicht existieren?
oder man sie nicht kennt?
denn da wären ja noch all die situationen, wo der hund gar keinen plan hat, was jetzt zu tun wäre.
meist, weil auch der mensch keinen genauen plan hat, wie denn beispielsweise eine ruhige begegnung ablaufen soll
oder was der hund denn tun soll (außer einem zwischen die beine zu laufen), während man die einkäufe ins haus befördern will.
erwartungssicherheit – also zu wissen, was kommt und wie die dinge funktionieren – ist aber eine wichtige grundlage für selbstsicherheit.
für hunde ist das sowieso ein thema, weil so vieles in ihrem leben ohnehin fremdbestimmt läuft.
umso wichtiger ist es, ihnen zusätzliche verwirrung zu ersparen.
mein tipp:
tu deinem hund einen gefallen und stell klare regeln auf, an die du dich auch selber konsequent hältst.
hilf ihm, in dem du klare orientierung bietest und für deinen hund ein offenes buch bist.
4. unberechenbarkeit
ein grundproblem zwischen mensch und hund besteht darin, dass wir menschen so unberechenbar sein können.
damit sind jetzt gar nicht regeln und ihre einhaltung oder nicht gemeint (dazu siehe punkt 3),
sondern mehr unsere stimmungen.
wir sind nicht jeden tag gleich drauf, klar.
manchmal gibt es stress im job und manchmal urlaub,
manchmal zoff mit partnerInnen und dann wieder eitel wonne.
unsere stimmungen schwanken, unsere laune ist nicht jeden tag dieselbe.
doch wer bezieht jede stimmungsschwankung und jede laune auf sich?
wer kriegt sie auch oft genug (indirekt) ab?
unser hund.
es muss recht anstrengend sein, mit jemandem zu leben, wo man nie weiß, wie der denn heute wieder drauf sein wird.
oder was man bloß gemacht hat, dass die laune so mies ist.
stell dir nur mal vor, du selber würdest mit einem extrem launischen menschen zusammen leben,
von dem du noch dazu abhängig bist.
du würdest rasch merken, wie sehr das die selbstsicherheit unterminiert!
mein tipp:
versuch, deinem hund möglichst jeden tag gleich zu begegnen,
auch wenn die laune nicht immer die gleich ist.
nimm dir 5 minuten zum „runterkommen“, bevor du mit deinem hund was machst.
oder lass ihn auch mal in ruhe, wenn es dich emotional grad durchbeutelt.