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by brigid

Mai 19, 2019

frustrationstoleranz ist etwas, was jeder hund braucht aber nicht jeder (ausreichend) hat!

da geht es um die fähigkeit, mit normalen frustrationen, die der alltag so bietet, umgehen zu können.
also sie wegstecken zu können, ohne auszuflippen.
verkraften können, dass man nicht alles gleich kriegt oder mal wo ein wenig warten muss.

das sind an sich dinge, die ein welpe schon im wurf lernt:
nicht immer ist die angepeilte zitze frei und man muss sich eine andere suchen zum trinken.
manchmal will ein geschisterchen grad nicht spielen und man muss sich eine andere beschäftigung suchen.
und nicht alles ist immer gleich in reichweite!
(obwohl erstaunlich ist, was so ein welpe alles doch erwischen kann!)

genauer gesagt ist die frustrationstoleranz etwas, was der welpe im wurf beginnt zu lernen.
denn natürlich hält das leben danach erst recht frustrationen bereit, die gehören einfach dazu.

woran aber liegt es nun, dass manche hunde ganz cool mit frustration umgehen und andere das so gar nicht können?

da gibt es ja welche,
– die richtig zornig werden, wenn sie ein leckerchen nicht gleich kriegen
– die gleich zu fiepen und zu bellen beginnen, wenn man ihnen die tür nicht schnell genug öffnet
– oder die an der leine austicken, wenn sie einem hund begegnen und nicht gleich zu ihm hindürfen.

…die also selbst in ganz alltäglichen situationen so gar kein fünkchen geduld aufbringen können, wo andere in aller ruhe abwarten.

zum thema geduld gibt es übrigens demnächst ein kostenloses webinar „nur geduld!“, zu dem du dich gleich hier anmelden kannst:

3 prinzipien für mehr/weniger frustrationstoleranz

frustrationstoleranz ist in erster linie eine sache der erfahrungen.

 

ein hund lernt ja mit jeder erfahrung in seinem leben etwas und entwickelt aus ähnlich gelagerten erfahrungen im lauf der zeit fixe erwartungen und davon abgeleitete verhaltensstrategien.

im prinzip geht es dabei immer um die frage „wie krieg ich im leben am besten, was ich will?“.
(das ist bei uns menschen ja auch nicht anders).

natürlich spielt auch die aktuelle verfassung eine rolle, vor allem aufregung und stress führen zu einem ganz rapiden absinken von geduld und einem schnellen anstieg des frustrationspegels.

doch die wie groß (oder kleine) die frustrationstoleranz ist, hängt vor allem davon ab, was der hund in den folgenden drei entscheidenden prinzipien gelernt hat.

1.  prinzip sofort-belohnung

wenn ein hund gelernt hat, dass er immer alles, was er will, sofort bekommt und umso schneller, je fordernder er agiert, dann ist da natürlich wenig platz für frustrationstoleranz.

so ein hund erinnert dann manchmal an den dreijährigen, der sich an der supermarkt-kasse in einem tobsuchtsanfall zu boden wirft, weil er keine schokolade bekommt.

mit frust kann er einfach nicht umgehen.
wie auch?

wenn er immer alles gleich kriegt, kommt er ja kaum je in die situation, frustration überhaupt kennen zu lernen.
und festzustellen, dass die welt nicht gleich untergeht, wenn man mal eine minute warten muss oder sich eine belohnung erst „verdienen“ muss (nämlich mit der jeweiligen übung).

man tut dem hund also auf dauer nichts gutes, wenn man ihm immer sofort zu diensten ist.
das heißt jetzt natürlich nicht, dass ein strenges regime eingezogen wird und der hund nicht mehr haben darf, was er möchte.
er kriegt es nur nicht immer sofort und jedes einzelne mal.
und das macht einen riesen unterschied aus!

2.  prinzip „nein“

ein hund muss nicht nur lernen, dass er manchmal etwas warten oder sich erst „verdienen“ muss, sondern genauso, dass er manchmal gar nicht kriegt, was er möchte.

das ist zwar dem ersten prinzip verwandt, geht aber einen schritt weiter.
interessanterweise fällt dieses zweite prinzip sowohl den menschen als auch den hunden leichter.

nein, der hund darf grundsätzlich nicht ins bett.
nein, er darf im gemüsegarten nicht buddeln.
oder was immer die jeweiligen regeln im haushalt sind.

(anmerkung: das heißt jetzt nicht, dass das wort „nein“ ein sinnvolles signal wäre, ganz im gegenteil, siehe diesen artikel.
es heißt nur, dass der hund lernt, dass manche dinge eben gar nicht gehen und das zu akzeptieren ist).

schwierig ist es überall dort, wo die regeln nicht eindeutig sind, wo es mal so und mal so geht.
wenn dein hund dir sein stofftier bringt und dich zum spielen auffordert, steigst du manchmal ein
– aber dann hast du mal keine zeit und schickst ihn wieder weg.
nun ist frustrationstoleranz gefragt!

wenn dein hund weiß, dass mal gespielt wird und mal eben nicht, wird er sich einfach wieder trollen.
aber wehe, er erwartet sich fix, dass nun aber (gefälligst!) gespielt zu werden hat!
und erst recht wehe, wenn du dann nachgibst, weil er so lästig ist oder sich so aufregt.

3. prinzip sicherheit

dort, wo es bei der fehlenden frustrationstoleranz nicht bloß um (gelernte) ungeduld geht, sondern der hund bei bestimmten ressourcen schnell mal vor frust ausflippt, steckt oft noch was anderes dahinter:

die angst vor verlust.
die angst zu kurz zu kommen.
die fehlende sicherheit, dass gut für ihn gesorgt ist und von allem immer genug da ist.

wenn ein hund einschlägige erfahrungen machen musste – zum beispiel mal gehungert hat oder sich von anderen seine kausachen wegnehmen lassen musste oder so – hinterlässt das oft tiefe spuren.
insbesondere dann, wenn der hund auch sonst kein großes urvertrauen ins leben hat.

je wichtiger ihm etwas ist und je größer die angst, es nicht (ausreichend) zu bekommen, desto weniger gut kommt er dann damit klar, wenn er das nicht gleich kriegen kann. dann steigt der frustrationspegel rapide und kann auch flott in abwehrverhalten kippen.

mit solchen hunden muss dann besonders behutsam und in sehr gesichertem rahmen am aufbau von frustrationstoleranz einerseits und sicherheit andererseits gearbeitet werden.

mehr tipps zu dem ganzen themenkomplex gibt’s dann im webinar „nur geduld“ am 29. mai.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.